Auch tote Fische können zappeln – Nordmazedonien Teil 4
April 2021
Nachdem es im Matka-Canyon leider mit unserem Kayak-Ausflug nichts geworden ist, wollen wir nun unser Glück auf dem Kozjak-Stausee im Jasen Nationalpark versuchen. Auf dem Weg dorthin finden wir heraus, wo viele Bewohner von Skopje ihre Wochenenden verbringen. Beim Aussichtspunkt hoch über dem Stausee gibt es kaum mehr einen freien Platz für unseren Magirus und überall sitzen die Leute gemütlich beim Picknick zusammen. Auch wir geniessen die Aussicht und entdecken dabei eine Schotterstrasse, die scheinbar bis zum See hinunter führt. Perfekte Voraussetzungen also für unsere Kayaktour?
Bei der Inspektion vor Ort bestätigt sich diese Vermutung und wir finden auch ein kleines Plätzchen neben der Strasse für unseren Magirus. Bevor es jedoch aufs Wasser geht, braucht unser Kayak ausnahmsweise eine kleinere Reparatur. Vom Wellengang im Hafenbecken am Ohridsee hat es im Verdeck kleine Löcher gegeben, welche wir nun mit unserem Bootsflickset reparieren. Bei so sonnigem und warmem Wetter macht das schon fast Spass 😜.
Am nächsten Morgen geht es dann bei nicht mehr ganz so schönem Wetter aufs Wasser. Wir haben den See fast für uns alleine und zuerst kommen wir gut voran. Nach einer Kurve nimmt der Gegenwind jedoch immens zu. Das lassen wir uns nicht gefallen und wir drehen wieder um. Da das Ufer überall sehr steil ist und vor allem aus losem Kies / Sand besteht, ist es gar nicht so einfach, einen gemütlichen Rastplatz für die Mittagspause zu finden. André entdeckt auf der Karte jedoch einen Seitenarm, der geeignet aussieht und tatsächlich kommen wir dort problemlos raus. Neben dem kleinen Lagerfeuer kommt einem auch der Wind nicht mehr so kalt vor. Das Fischerglück ist nicht auf unserer Seite. Ein vorbeifahrender Mazedonier hat Erbarmen und schenkt uns ein grosses Prachtsexemplar. Carole macht sich alsbald ans Wasser, um den Fisch auszunehmen. Der Innereien bereits beraubt, versucht sich der Fisch ein letztes Mal loszureissen, was ihm auch gelingt. Der Fisch flutscht Carole aus den Händen und ohne Schwimmblase sinkt er wie ein Stein das steile Ufer zum Seegrund hinab. Das war der Fisch gewesen…
Bevor wir weiterfahren, macht uns ein Mazedonier zum Glück darauf aufmerksam, dass die Strasse durch die Kernzone des Nationalparks nur zu gewissen Zeiten geöffnet ist. Tatsächlich kommt schon bald ein Schild, welches auf diesen Umstand aufmerksam macht. Man darf nur früh morgens (das hätten wir wohl sonst nicht geschafft) und nachmittags eine Stunde durchfahren. Die Parkeinfahrt wird mit Hunden und Parkrangern bewacht. Die Strasse durch den Park ist zwar recht schmal, da es aber nicht viel Verkehr hat, kein Problem für uns. Nach einem kurzen Fotohalt fahren wir auch bald schon weiter, da der Magirus nicht zu den schnellsten Fahrzeugen gehört und wir rechtzeitig auf der anderen Seite wieder aus dem Park rausfahren müssen. Nach der Parkkernzone ist die Strasse neu und doppelspurig, durch die vielen Steinrutsche und mangelnden Unterhalt in der Praxis aber trotzdem wieder nur einspurig.
Dem Tipp eines anderen Reisenden folgend, besuchen wir die Pesna Cave. Der Eintritt ist kostenlos, die Höhle aber durchaus beeindruckend. Mit 30m Höhe und 70m Tiefe ist die Höhle auch geeignet für Personen mit Klaustrophobie 😉. Die geschützte Lage in der Höhle wurde in früheren Zeiten genutzt für den Bau eines kleinen Forts.
Auf der Weiterfahrt sehen wir eine imposante restaurierte Moschee. Die riesige türkische Flagge zwischen den Minaretten lässt keinen Zweifel, wer die Kosten für die Restaurierung übernommen hat. Es scheint, als ob die Türkei den Islam in Nordmazedonien stärken möchte. Dies ist auch an anderen Objekten mittels Infotafeln erkennbar. Auch wir profitieren beim türkischen Friedhof vom gut zugänglichen Frischwasser. Zum ersten Mal können wir die Wassertanks sogar mit zwei Schläuchen parallel «betanken».
In der Gegend um Papradishte wollen wir wieder einmal eine Biketour unternehmen. Carole hat auf der Karte bereits eine geeignete Runde entdeckt. Als wir vor Ort eintreffen, merken wir, dass ein Grossteil dieser Runde sich sogar auf einer markierten Biketour befindet. Zum Einfahren führt die Strecke zuerst gemütlich einem Bach entlang, bevor es dann ziemlich lange, dafür nicht so steil, bergauf geht. Kurz nach der Mittagspause kommen wir bei einer kleinen Hütte vorbei. Sofort werden wir herbeigewunken und zu Kaffee und Rakia eingeladen. Es gibt nicht «nur» normalen Rakia, sondern auch warmen Rakia mit Honig. Der ist richtig gut, aber auch gefährlich… Wir verbringen einen gemütlichen Nachmittag und kriegen sogar angeboten, dort zu übernachten. Sie müssen zwar heute noch nach Hause, aber wir sollen den Schlüssel am nächsten Tag im Dorfladen im Tal unten abgeben. Wir staunen, dass uns nach so kurzer Zeit schon so viel Vertrauen entgegen gebracht wird. Wir lehnen das Angebot trotzdem ab, vor allem weil wir nur die verschwitzten Fahrradkleider dabei haben. Wir werden überhäuft mit Geschenken (Bier, Rakia, Teekräuter, Tavce gravce Tongefässe), welche wir nur knapp in unseren kleinen Rucksäcken verstauen können. Damit wir noch vor dem Eindunkeln wieder zurück beim Magirus sind, müssen wir uns dann aber doch mal wieder auf den Weg machen. Die sportliche Abfahrt nach Papradishte ist dank der seit anfangs der Reise stark verbesserten Fahrtechnik von Carole kein Problem (vielleicht hilft auch der Alkohol etwas mit 😜).
Erkenntnisse
Die Strassen sind nicht immer so gut freigeschnitten. Astabweiser sind von Vorteil.
Es scheint, dass es einen Wettbewerb gibt, welche Botschaft die meisten Infotafeln in Nordmazedonien sponsert 😉.
Die mazedonische Baukunst ist für uns aus technischer Sicht nicht immer nachvollziehbar…