Auf den Spuren von Ali Pascha – Albanien Teil 7
März 2021
Auf dem Weg an die Küste kommen wir bei der «Blue eye spring» (albanisch: Syri i Kaltër) vorbei. Diese Sehenswürdigkeit findet man fast in allen Reiseempfehlungen für Albanien, wir können ehrlich gesagt aber nicht ganz nachvollziehen, woher diese Begeisterung kommt. Die Quelle ist zwar tatsächlich wunderschön blau, aber das wars dann auch schon. Ausser zwei Restaurants gibt es hier sonst nichts zu sehen und auch keinen schönen Spazierweg, wie wir ihn uns erhofft hatten. Fazit: Wenn man sowieso hier vorbeikommt, kann man auch kurz vorbeischauen, extra dafür herzufahren lohnt sich unserer Ansicht nach jedoch nicht. Wenigstens müssen wir in der Nebensaison keinen Eintritt bezahlen und haben die Quelle für uns. Da wir alleine sind, machen wir noch ein paar Drohnenaufnahmen, was wir sonst an besuchten Sehenswürdigkeiten nicht tun.
Beim Weiterfahren müssen wir aufpassen, dass wir nicht plötzlich im Wasserkanal landen, der direkt neben der Strasse verläuft. Das Aquädukt hingegen ist nicht mehr in Betrieb und teilweise eingestürzt. In Butrint finden wir einen idealen Parkplatz direkt beim Eingang zum Museum um wieder einmal unser Faltboot hervor zu nehmen. Wir unternehmen einen schönen Ausflug zur Festung von Ali Pascha, welche auf einer kleinen Insel vor der Küste liegt. Die Festung diente zur Verteidigung der inzwischen teilweise gefluteten Ruinenstadt Butrint. Die idyllische Einsamkeit ist nur von kurzer Dauer, denn die Festung wird von einem amerikanischen Töfffahrer-Paar eingenommen. Natürlich kommen sie nicht mit den Motorrädern sondern ein Fischer fährt sie freundlicherweise rüber 😜. Wir haben eine nette Unterhaltung mit ihnen und bekommen nachträglich Paddelfotos zugeschickt.
Nachdem André zuerst erfolgreich mit der selbstgebauten PET-Flaschenreuse Brot zu Crevetten umgewandelt hat, will es mit der weiteren Umwandlung in Fisch leider wieder nicht klappen. Wir hätten besser direkt die Crevetten gegessen…
Natürlich lassen wir uns auch die Besichtigung der Ruinenstadt nicht entgehen, trotz des für albanische Verhältnisse «hohen» Eintrittspreises von 1000 Lekë bzw. 10 Euro pro Person. Dafür kriegt man sehr viel zu sehen, viele Informationen und ist eine Weile beschäftigt bis man das ganze Gelände bestaunt hat. Es gibt alles was eine antike Stadt so «braucht»: ein Amphitheater, Bäder, eine Burg, Wohnhäuser, eine Befestigungsmauer und eine Kirche.
Im Gegensatz zum Sommer 2020 sind jetzt, obwohl es erst März ist, wieder ein paar Touristen unterwegs. So treffen wir auf dem Parkplatz vor dem Museum auf Landsleute, eine Familie aus der Westschweiz mit einem VW-Bus. Sie laden uns ein, in ihrer Ferienwohnung in Ksamil vorbei zu schauen. Wir verbringen einen gemütlichen Tag und Carole wird endlich mal richtig geschminkt 😉. Der Abschied am nächsten Morgen ist dann vor allem für die Tochter der Familie nicht ganz leicht. Wir sind froh, ist noch nicht Hauptsaison, denn ein Einheimischer erzählt uns, dass man im Sommer 2-3 Stunden braucht für die 13km bis nach Saranda. Bei uns dauert es wesentlich kürzer, die Parkplatzsuche ist aber auch jetzt schon nicht ganz einfach. Wir wissen bereits, dass Saranda ein sehr touristischer Badeort mit vielen Hotelkomplexen ist. Dass jetzt gerade nicht Saison ist und alles erst vorbereitet ist, macht es auch nicht besser. Stilecht ist aber die alte Markthalle. Hier werden Honig, getrocknete Früchte und Tee feilgeboten, selbstverständlich gibt es auch Rakia aus der PET-Flasche inkl. Degustation aus dem Deckel der Flasche. Wir wissen nicht, wie viele Leute davon schon degustiert haben, aber es wird ja gleich wieder desinfiziert. Eine 5dl-Flasche kostet 2.25 CHF, eine Netzhautablösung war keine zu beklagen.
Uns zieht es aber bald wieder weiter auf der Küstenstrasse Richtung Vlorë. Die Strasse bietet schöne Ausblicke aufs Meer, da sie etwas höher gelegen am Hang entlangführt. Da die Hauptstrasse im Landesinneren liegt, hat es auch nicht viel Verkehr (zumindest in der Nebensaison). Am nächsten Übernachtungsplatz müssen wir uns einmal mehr dem Dieselkocher widmen. Das erste Problem ist, dass es stürmt und die Abgase in den Innenraum drückt. Für dieses Problem sind wir vorbereitet, denn André hat Tage zuvor aufopferungsvoll ein Bier getrunken und aus dessen Dose ein Windschutz-Zusatzkamin gebaut. Das Bierdosen-Windschutz-Zusatzkamin funktioniert super und es gibt leckeres Abendessen. Doch bereits beim Kaffee tritt das zweite Problem auf: Der Kocher will trotz allen uns angeeigneten Tricks nicht anspringen. Da wir inzwischen Dieselkocher-Spezialisten sind, ist das Problem schnell gefunden. Der Glühstift ist defekt, zum Glück haben wir Ersatz dabei. So kommt André doch noch zu seiner überlebenswichtigen Koffeindosis und der Kocher funktioniert so gut wie nie zuvor.
Da wir tags zuvor etwas spät angekommen sind, besuchen wir erst am nächsten Morgen eine weitere Festung von Ali Pascha, diesmal in Palermo. Hauptfunktion der Festung war der Schutz des Hafens sowie das Eintreiben von Zollgebühren sowie Steuern der Bauern. Wer nicht bezahlen konnte, wurde so lange in der Festung eingesperrt, bis die Familie die geschuldeten Gebühren entrichtet hatte. Der Kassierer ist sehr enthusiastisch und erzählt uns viele spannende Fakten zur Festung, z.B. dass die Eingänge zu den Gemächern von Ali Pascha extra niedrig gebaut waren, dass man nur in gebückter Position ein- und austreten konnte. Später, während es zweiten Weltkrieges wurde die Festung als Treibstofflager und unter Hoxha als Gefängnis genutzt. Dies trug wohl dazu bei, dass die Festung noch in sehr gutem Zustand ist.
Wofür die günstige Lage der Bucht von Palermo auch noch genutzt wurde, erfahrt ihr im nächsten Bericht.
Erkenntnisse
Die Albaner lernen gerne mit der Automarke, die sie später am liebsten fahren. Fast immer ist es ein W124.
Wenn man durch Albanien reist, kommt man zwangsläufig früher oder später an den «Hoxha-Bunkern» vorbei. Diese gibt es in verschiedenen Grössen, umgenutzt oder halb zerfallen. Je nach Quelle wurden 200’000 – 600’000 davon gebaut. Ziel war, dass im Notfall jeder Bewohner innerhalb von 3 Minuten einen Bunker erreichen kann und auch weiss, wie man daraus schiesst. Dazu waren in jedem Bunker Schusswaffen deponiert. Heutzutage werden die Bunker als Tierunterstand, Werbefläche oder Toilette benutzt.
Während der Hoxha-Ära wurde Albanien vom Rest der Welt isoliert. Dies führte dazu, dass viele Rohstoffe knapp waren. Um die Ressourcen so gut wie möglich zu nutzen, wurden aus den Resten der Blechplatten, aus denen Besteck und andere Metallgegenstände ausgestanzt wurden, zum Beispiel Gartenzäune gebaut. Diese kann man noch heute in ganz Albanien und auch anderen Balkanländern sehen.
Bei Bauarbeiten auf der Strasse verschiebt sich die Mittellinie der Strasse gedanklich. Einbahnverkehr mit Lichtsignalanlage haben wir nur einmal gesehen und da wurden wir durchgewunken obwohl wir eigentlich rot hatten…
Boxenstopp: Volltanken und Brautkleid aussuchen