Auf geht’s nach Deutschland
Der 15. Juni ist (endlich) gekommen und wir fahren in Au SG über die Grenze nach Österreich. Durch den Bregenzerwald fahren wir nach Deutschland und erreichen unseren ersten Übernachtungsplatz im Ausland und zwar in Immenstadt im Allgäu. Wetterbedingt verzichten wir auf das Mountainbiken im Allgäu und fahren weiter in die Lange Rhön. Auf dem dortigen Stellplatz lernen wir Dieter kennen der gleich nebenan wohnt und verbringen einen gemütlichen Abend bei ihm im Garten. Hierbei kommen wir auch in den Genuss eines Glases Rotkäppchen-Sekt (ex. DDR-Produkt). Am nächsten Tag holen wir den Bike-Ausflug nach.
Ein paar Kilometer weiter in der thüringischen Rhön sind wir am nächsten Tag mit Sven aus dem Allrad-LKW-Forum verabredet. Dort testen wir die lokale Verkehrsinfrastruktur. André hat das Tempolimit glücklicherweise eingehalten. Und wir machen Bekanntschaft mit deutschen Strassenbaustellen. Anstelle eines Einbahnverkehrs mit Lichtsignalanlage wird hier lieber mal gleich die ganze Strasse gesperrt und der Verkehr 20km aussen herum geschickt, wobei die Umleitungsschilder für Nicht-Einheimische schwierig zu interpretieren waren. Im Nachhinein finden wir heraus, dass man durch die Baustelle eigentlich auch problemlos durchfahren kann, da nur der oberste Belag erneuert wird. Lerneffekt: In Deutschland immer zuerst probieren, durch die Baustelle durch zu fahren.
Auf Empfehlung von Sven besuchen das Erlebnisbergwerk in Merkers wo auch heute noch Kali-Salze abgebaut werden. In über 500m Teufe (Bergbaubegriff für Tiefe) erhalten wir einen eindrücklichen Einblick in historische und moderne Bergbautechniken. Trotz der Lage des Bergwerks auf DDR-Boden wurden schon damals luftgekühlte Deutz-Motoren aus dem Westen in die Arbeitsgeräte eingebaut. Die Maschinen wurden als Einzelteile im Lift runtertransportiert, zusammengesetzt und mussten danach zuverlässig funktionieren, da eine Reparatur aufwändig gewesen wäre und hohe Ausfälle verursacht hätte. Zum Glück hat unser Magirus auch einen Deutz-Motor! Ein weiteres Highlight war der Goldraum. Darin haben die Nazis zum Ende des zweiten Weltkrieges etwa die Hälfte des deutschen Bargeldes, tonnenweise Goldbarren und viele Kunstgegenstände vor den Alliierten versteckt. Die Gänge des Bergwerks sollten gesprengt werden, dazu kam es jedoch aufgrund von Protesten aus der Bevölkerung nicht und so hatten die Amerikaner leichtes Spiel den «Schatz» zu bergen. Sie mussten nur den Verpackungsmaterialien folgen die noch überall in den Gängen herumlagen.
Da wir uns hier nahe an der früheren innerdeutschen Grenze befinden, bietet sich ein Besuch des nahegelegenen Grenzmuseums in Geisa an. Hier kann eine ehemalige amerikanische Grenzstation sowie ein Stück nachgebaute DDR-Grenze besichtigt werden. Ausserdem erfahren wir viel über das Leben in der DDR.
Nun haben wir jedoch genug angeschaut und möchten etwas Aktives machen. Der Spreewald mit all seinen Wasserkanälen stand schon länger auf unserer Kayak-Reiseliste und da wir gerade mehr oder weniger in der Nähe sind, peilen wir Lübbenau an. Hier ist es uns etwas zu touristisch und die Stellplätze sind schon gut besetzt, doch wir haben Glück und finden bei der Hafenschenke in Alt Zauche ein ruhigeres Plätzchen. Hier können wir den Magirus stehen lassen und sind drei Tage mit dem Faltboot auf dem Wasser unterwegs. Schöne Spreewald-Dörfer, eine wunderschöne Landschaft, viele Libellen und Bisam-Ratten (welche auf den Urlaubsbildern fälschlicherweise als Biber festgehalten werden) begleiten uns und die bekannten Spreewald-Gurken kann man natürlich auch überall kaufen. Die Bedienung der Schleusen war eine schöne Abwechslung zum Paddeln. Etwas schade ist einzig, dass Individualtourismus nicht erwünscht zu sein scheint und es praktisch keine Picknick-Plätze und auch nirgends Trinkwasser gibt, nicht mal wenn man nett fragt auf dem Campingplatz, ausser man übernachtet.
Ausgestattet mit einem ansehnlichen Gurkenvorrat fahren wir ein paar Kilometer weiter zu Jens und seiner Familie. Wir werden mit leckeren Grilladen verwöhnt und verbringen einen gemütlichen Abend. Ausserdem dürfen wir den Luxus einer Waschmaschine geniessen. Und wir bekommen den Tipp, uns doch die F60 anzuschauen.
Das machen wir dann auch. Die F60 ist eine riesige Abraumförderbrücke, welche im Tagebau eingesetzt wurde, um die Kohleschicht freizulegen. Leider war dieses Exemplar nur gerade knapp 1.5 Jahre im Einsatz, bevor der Tagebau geschlossen wurde. Sie bringt 11’000t auf die Waage, ist 502m lang, 204m breit und 80m hoch. Somit ist sie das grösste bewegliche Industriegerät der Welt. Sie ist sogar so gross, dass sie nicht aufs Foto passt und daher packt André die Drohne aus und fotografiert aus der Luft. Und was uns besonders gefällt, man kann sie auf einer Führung begehen. Das ist sicher etwas, was man nicht alle Tage sieht und ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall, wenn man mal in der Nähe ist.
Eine Stadt wollen wir uns dann in Deutschland doch noch anschauen und entscheiden uns für Hamburg. Das liegt einerseits auf dem Weg nach Skandinavien und wir haben schon viel Gutes gehört. Wir finden einen schönen Stellplatz auf einer der Elbinseln und fahren von da mit dem Bus ins Stadtzentrum. Wobei, fahren kann man nur, wenn man auch den Fahrplan lesen kann. Carole hat jetzt gelernt, dass Sonnabend und Sonntag nicht das Gleiche ist… Am ersten Tag sehen wir uns bei den Landungsbrücken und am Fischmarkt um. Wir besuchen einen alten Segelfrachter sowie ein russisches U-Boot und wir begeben uns auf eine Hafenrundfahrt. Vom Schiff aus hat man einen guten Blick auf die Elbphilharmonie, die riesigen Kreuzfahrtsschiffe und die Luxusyachten, welche hier gebaut werden. Am zweiten Tag schlendern wir durch die Speicherstadt und lassen uns in die Welt der Gewürze entführen, welche unter anderem hier im Hafen umgeschlagen wurden. Ausserdem geniessen wir die Aussicht von der Plattform der Elbphilharmonie.
Das war’s aus Deutschland, wir sehen uns dann wieder in Schweden.
Hallo ihr 2!
Wir haben uns in Bischofsheim bei Dieter kennen gelernt und verbrachten einen netten Abend.
Wir sind nach 5 Wochen zurück in Oberbayern und verfolgen eure Reise mit Spannung.
Bon voyage!
Elisabeth und Peter aus Rosenheim