Magirus on tour

Beim zweiten Anlauf klappts – Norwegen Teil 1

An der norwegischen Grenze läuft es dieses Mal mehr nach unseren Vorstellungen. Wir können die Fragen des Grenzpolizisten zu seiner Zufriedenheit beantworten und dürfen quarantänefrei nach Norwegen einreisen. Gleich nach der Grenze haben wir das Gefühl, zurück in der Zivilisation angekommen zu sein. Während es im Norden von Schweden neben den grösseren und kleineren Ortschaften praktisch nur Wald und Seen gab neben der Strasse, steht in Norwegen gefühlt an jeder einigermassen geeigneten Stelle ein (Ferien-)Haus. Die Strasse führt steil runter Richtung Atlantik und auf Meereshöhe angekommen gibt es plötzlich auch wieder Landwirtschaft, was in Nordschweden überhaupt nicht mehr der Fall gewesen ist.

Da wir schon mal in der Nähe sind, wollen wir als nächstes auf die Lofoten. Die Hauptsaison ist vorbei und so erhoffen wir uns, die Inselerlebnisse mit nicht ganz so vielen anderen Touristen teilen zu müssen. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Denn auf der Zufahrtsstrasse zu den Lofoten ist gehörig was los und Caroles volle Konzentration ist gefragt, da die Strasse nicht immer so breit ist und manchmal auch keine Mittellinie mehr hat. Dies liegt wohl daran, dass Freitagabend ist und der Norweger fürs Wochenende in sein Ferienhaus fährt. Irgendwann wird es uns zu bunt und wir suchen uns einen Platz zum Übernachten. Die Weiterfahrt am nächsten Tag gestaltet sich dann auch wesentlich gemütlicher. Dem Tipp eines Kollegen folgend fahren wir raus nach Henningsvaer. Dies ist ein typisches lofotisches Fischerdorf, welches sich auf einer kleinen vorgelagerten Insel befindet. Selbstverständlich hat ein altes, kleines Fischerdorf viele Trocknungsgerüste für Kabeljau, farbenfrohe Häuser am Wasser, Fischerboote, Möwen, einladende Kaffees und einen Fussballplatz mit Kunstrasen 😉. Hier merken wir auch, dass wir uns an höhere Parkplatzpreise als noch in Nordschweden werden gewöhnen müssen. Allerdings finden wir hier, Nebensaison und Corona sei Dank, immer noch einen Gratisplatz etwas abseits der Hauptattraktionen und nehmen dafür einen etwas längeren Fussmarsch in Kauf.

Uns wurde gesagt, dass es auf den Lofoten eher schwierig sei, mit einem Wohnmobil frei zu stehen. Darum planen wir zwei Übernachtungen auf dem Campingplatz in Hov. Dieser ist zwar wunderschön an einer Bucht mit Sandstrand gelegen, das Preis-Leistungsverhältnis hat uns aber nicht ganz überzeugt. Die Miete des Plastik-Hotpots zum Beispiel würde 2500 norwegische Kronen kosten. Es wurde uns aber gesagt, dass dieser die ganze Saison kein einziges Mal in Betrieb war. Ja, können wir nachvollziehen… Bei schönem Wetter erkunden wir die Insel per Fahrrad und wandern auf den Hoven. Dieser ist zwar nicht sonderlich hoch, bietet aber einen super Rundumblick. Und wir nehmen uns etwas Zeit für Bushcraft und Backen.

Die Lofoten sind nicht nur heutzutage beliebt zum Wohnen und Bereisen, schon die Wikinger wussten um die gute Lage der Inseln. Um mehr darüber zu erfahren, besuchen wir das Wikingermuseum in Borg. Hauptattraktion des Museums ist der Nachbau eines Langhauses, wie es bei Ausgrabungen in Borg gefunden wurde. Die vielen Anschauungsobjekte ziehen uns in ihren Bann und inspirieren uns zu neuen Bastelprojekten.

Inzwischen haben wir herausgefunden, dass es zumindest in der Nebensaison auf den Lofoten durchaus auch schöne Übernachtungsplätze ausserhalb der Campings gibt. So können wir uns etwas spontaner entscheiden, wo wir schlafen möchten.

Unser Faltboot war lange nicht mehr in Gebrauch und wir finden, die Lofoten sind der ideale Ort um dies zu ändern. Der Reinefjord ist ziemlich gut geschützt und weist keine allzu starken Tidenströme auf. Daher entscheiden wir uns, den Bunesstranden mit eigener Muskelkraft von Reine aus durch den Fjord zu erpaddeln. Beim Spaziergang durch Reine erkunden wir schon mal mögliche Einwasserungsstellen.

Der Wetterbericht sagt etwas Wind aber ansonsten sonniges Wetter voraus, also kann es am nächsten Tag losgehen. Das Faltboot und Carole werden im Hafen von Reine ausgeladen und André versucht, einen der heissbegehrten, kostenlosen Parkplätze zurückzuerobern. Wie zu erwarten ist der bisherige Parkplatz bereits wieder besetzt und so muss André ein paar Ehrenrunden drehen bis es klappt. In der Zwischenzeit kämpft Carole gegen den Wind, der den Kayak-Aufbau ziemlich erschwert. Kurze Zeit steht es unentschieden doch Carole schafft es den Wind zu bezwingen. Voller Tatendrang starten wir ins Abenteuer. Bereits nach der Hafenausfahrt von Reine macht uns ein Fotograf darauf aufmerksam, dass im Reinefjord gerade Orcas unterwegs sind. Was bei André Glückshormone freisetzt, bewirkt bei Carole eher das Gegenteil. Ein Google-Check ergibt, dass noch nie Paddler oder Surfer von Orcas angegriffen oder als Spielzeug angesehen wurden, worauf die Fahrt in Ufernähe fortgesetzt wird. Wir können die Orcas aus sicherer Distanz bewundern (ca. 200m). Zu Caroles Erleichterung haben sie mässig Interesse an uns und schwimmen ans andere Ende des Fjords. Vom Reinefjord biegen wir in den Bunesfjord ein. Da die Einfahrt relativ schmal und wenig tief ist und gerade Flut ist, werden wir richtiggehend in den Bunesfjord gespült. Am Ende des Bunesfjord ziehen wir das Kayak ca. 3m aus dem Wasser auf die Wiese, so dass es die Flut nicht erreichen sollte. Nach einer kurzen Wanderung erreichen wir unser Tagesziel, den Bunesstrand. Corona- und nebensaisonbedingt müssen wir den 1km breiten Strand nur mit 3 weiteren Besuchern teilen und können uns frei austoben. Wir ertüchtigen uns mit Wasserspringen, Sandhüpfen, Bojenkugelstossen und Bojenkugelbalancieren.

Mitten in der Nacht wird André von den Nordlichtern geweckt. Also das heisst, nicht direkt von den Nordlichtern sondern von Carole, welche diese bei einem kurzen nächtlichen Ausflug aus dem Zelt entdeckt. Das Spektakel dauert leider nur sehr kurz, da der Vollmond schon bald hinter den Bergen hervorschaut. Trotz eingeschränktem Kayak-Kameraequipment kommen ein paar Bilder zustande. Trotz unseren nächtlichen Aktivitäten treten wir am nächsten Tag ausgeschlafen die Rückreise an. Als wir jedoch wieder Richtung Bunesfjord runtersteigen, stellen wir fest, dass jemand den Stöpsel gezogen und fast alles Wasser aus dem Fjord abgelassen hat. Unser Kayak müssen wir jetzt zuerst ca. 100m tragen zum Einwassern. Wir wollen schon lospaddeln, da entdecken wir kleine «Sandwürmer». André fängt an zu Graben und entdeckt im Sand eingegrabene Herzmuscheln. Carole alias «das Eichhörnchen» muss natürlich ein paar davon für den späteren Verzehr einpacken. Wie wir ja schon auf dem Hinweg bemerkt haben, hat es ausgangs Bunesfjord bei Flut ziemlich Strömung. Und jetzt ist Flut, nur dass die Strömung dieses Mal anders als auf dem Hinweg gegen uns arbeitet. Mit vollem Einsatz und Zuhilfenahme aller Tricks (hinter dem Stein verstecken) schaffen wir es gerade so aus dem Fjord raus. Die Orcas sind immer noch im Reinefjord unterwegs und wir dürfen sie auch auf dem Rückweg bestaunen. Zum Schluss braucht es nochmal Schmackes um gegen den Wind in den Hafen von Reine einzufahren. Leider fängt es genau als wir Anlanden an zu regnen, so dass wir das Kayak nass verstauen und später trocknen müssen.

Ob die Muscheln essbar waren und ob wir es überlebt haben, erfahrt ihr im nächsten Bericht (oder eben nicht).

Erkenntnisse

Immer schön die Placken ausreissen, sonst sieht es dann irgendwann so aus:

In Norwegen gibt es leckere Kinder…

… und auch grosse Kinder.