Magirus on tour

Unbekanntes (Reise-)Land – Nordmazedonien Teil 1

März / April 2021

Bevor wir die Grenze am Ohridsee überschreiten können, müssen wir unser albanisches Bargeld «loswerden», denn der Export (und auch Import) von albanischen Lek ist gesetzlich verboten. Da die Dieselpreise in Nordmazedonien deutlich tiefer sind, entscheiden wir uns für den Geldwechsel in einer Wechselstube, was mit vernünftigem Wechselkurs und ohne Gebühren klappt. Die Münzen möchten wir in Kaffee umwandeln und setzen uns daher in ein gemütliches Lokal in der Nähe. Blöd ist nur, dass wir uns wohl eines der teuersten Lokale im Ort ausgesucht haben. Hier kostet der Kaffee nicht 0.5 CHF, sondern mehr als doppelt so viel! Zum Glück kann man auch in Euro bezahlen… Die albanischen Münzen spenden wir und so steht der Weiterfahrt nichts mehr im Weg.

An der Grenze gibt es für einmal keine unangenehmen Überraschungen. Einzig der Grenzwächter, welcher gerne in unseren Magirus-Aufbau reinschauen würde, steht etwas verwirrt vor der offenen Eingangstüre und fragt: «How do you climb?». Er ist sichtlich erleichtert, als wir die Leiter hervorholen und installieren. So kann er sich ganz bequem davon überzeugen, dass es sich tatsächlich um einen Camper handelt und wir keine illegalen Waren oder Personen schmuggeln möchten. Wir haben gelesen, dass man sich in Nordmazedonien innert 24h nach der Einreise registrieren muss. Da die Grenzwächter auch nicht so genau wissen, wie das funktioniert, entscheiden wir uns für die «sichere» Variante und suchen uns einen Campingplatz für die erste Übernachtung. Während der Fahrt entlang des Ohridsees entdecken wir viele Dinge, welche wir im letzten Monat in Albanien kaum oder gar nie gesehen haben. Hier gibt es wieder:

  • Motorradfahrer mit Schutzbekleidung, Helm und schalldämmendem Auspuff 😜
  • Mountainbiker mit Sportbekleidung und Helm
  • Stand-up Paddler und Kayaker
  • Einen grossen Parkplatz vor dem Museum / Supermarkt
  • Grosse Fernverkehrslastwagen auf der Strasse
  • Supermärkte mit komplettem «westeuropäischem» Sortiment (z.B. Schuhcrème und Imprägnierspray)
  • EC- / Kreditkartenterminals

Andere Dinge gibt es nicht mehr so häufig, z.B. Autowaschanlagen oder Mercedes (und wenn dann mit albanischem Kennzeichen). Der Campingplatz näher am Zentrum von Ohrid ist leider noch geschlossen, weshalb wir den «Camperstop Divono» etwas südlich der Stadt ansteuern. Auch die Nordmazdonier erweisen sich als sehr gastfreundlich und so gibt es zur Begrüssung Bier und gesalzene Erdnüsse (also eigentlich eher Salz mit Erdnüssen drin 😉). Nordmazedonien war bisher das schwierigste Land um online oder durch Freunde / Verwandte an Tipps für lohnenswerte Reiseziele zu gelangen. Daher nehmen wir die Empfehlungen des Campingplatzbesitzers umso dankbarer an.

Vom Campingplatz führt ein schöner neuer Fuss- und Radweg ins Stadtzentrum. Da der Ohridsee für sein klares Wasser bekannt ist, nehmen wir jedoch lieber unser Kayak und paddeln Richtung Altstadt. Wir bestaunen die schön renovierten, alten Wohnhäuser und vor allem die Lage der Kirche «St. John» gefällt uns. Eigentlich hätten wir gerne die Aussicht vom Fort auf die Stadt genossen, doch dieses ist leider heute geschlossen. So gönnen wir uns in einem «Nicht-Touristen»-Viertel ein leckeres Mittagessen und machen uns schon bald wieder auf den Rückweg. Den Nachmittag nutzen wir, um mit den Abschleppseilen eine Slackline zu improvisieren. Das klappt entgegen Carole’s Erwartungen erstaunlich gut und macht Spass. Wir müssen aber beide noch etwas üben.

Eigentlich würden wir gerne die Passstrasse durch den Galichica-Nationalpark an den Prespasee nehmen, doch leider stellt sich heraus, dass es eine Gewichtsbeschränkung von 3.5t gibt. Da wir den Park nicht ganz auslassen wollen, entscheiden wir uns für eine Erkundung zu Fuss. Als wir in Konjsko am Start des Wanderwegs ankommen, stellen wir fest, dass man hier Quadtouren machen kann. Diese Gelegenheit lässt sich André nicht entgehen und er bucht eine Tour für den Nachmittag. Carole erkundet in der Zwischenzeit joggend die Umgebung. Aus der geplanten «kurzen» Laufrunde wird dann allerdings auf Grund von Orientierungsproblemen auf dem Rückweg ein 1.5h-Lauf… Eine Fototour durchs Dorf mit vielen verlassenen und verfallenen Häusern rundet den Tag ab.

Am nächsten Tag erkunden wir auf gut markierten Wegen den Park, nur der matschige Schnee macht die Fortbewegung etwas mühsam. Leider müssen wir feststellen, dass der Eingang zur «Samotska Dupka Cave» verschlossen ist und man diese nur mit Guide besuchen kann. Landschaftlich gefällt uns der Park sehr gut, wir entscheiden uns trotzdem aufgrund des Schnees gegen die eigentlich für den nächsten Tag geplante Biketour.

Der Prespasee ist sehr fischreich und daher ein wichtiger Brut- und Überwinterungsplatz für seltene Vogelarten wie zum Beispiel die Pelikane. Man soll hier sehr gute Chancen haben, diese faszinierenden Vögel beobachten zu können. Und siehe da, nach kurzer Zeit können wir die erste Sichtung vermelden. Auch Pelikane mögen «Fast-Food» und so warten sie gerne neben den Fischerbooten auf Leckereien. Wir haben leider weniger Glück und die Fische wollen bei uns nicht anbeissen. Wir nutzen den ruhigen Platz um einige Punkte auf unserer To-Do-Liste abzuarbeiten. Nicht nur der Magirus auch die restliche Ausrüstung braucht ab und zu etwas Zuneigung.

Ebenfalls schon länger auf unserer Ideenliste steht der Bau eines Steinofens. Hier liegen so viele, teilweise auch grössere Steine herum, dass wir dieses Projekt in Angriff nehmen. Die Suche nach grossen, flachen Steinen stellt sich jedoch als schwieriger als zuerst gedacht heraus. Für diese müssen wir die Umgebung grossräumig absuchen und am Schluss trotzdem etwas improvisieren. Mit dem Resultat sind wir optisch zufrieden nun gilt es zu testen, ob der Ofen auch hält, was er verspricht. Sowohl das Pita-Brot als auch die Pizza zum Abendessen schmecken hervorragend und wir würden den Ofen am liebsten gleich mitnehmen. Offensichtlich geht dies nicht, und wir müssen ihn schweren Herzens dort lassen. Vielleicht ist er ja für andere Besucher noch von Nutzen.

Bevor wir den See ganz verlassen, macht André eine Tour durchs ehemalige «Hotel Europa». Hier durften in Zeiten des Kommunismus jene Urlaub machen, welche für ihren besonders grossen Einsatz bei der Arbeit belohnt wurden. Nach dem Zusammenfall Jugoslawiens wurde das Hotel weiterbetrieben, stellte den Betrieb nach einem Brand jedoch ein. Heute ist vom früheren Glanz des Gebäudes nicht mehr viel übrig. Der Tourismus beschränkt sich heutzutage hauptsächlich auf den Ohridsee.

Im nächsten Bericht geht es entlang der albanischen Grenze Richtung Norden.

Erkenntnisse

Auf der nordmazedonischen Seite des Ohridsees ist die Berufsfischerei mit Booten und Netzen verboten, um die Ohridforelle zu schützen. In Albanien hatten sie noch überall entlang des Sees an der Strasse Forellen verkauft. Bleibt nur zu hoffen, dass die Forellen die Landesgrenzen kennen…

In jedem Dorf gibt es mindestens ein Kamikaze-Huhn, welches im letzten Moment noch vor dem Magirus über die Strasse rennen will.

In Albanien hätten viele Strassen eine solche Tafel gebraucht…

Wenn man den Park mit dem Mountainbike erkundet, kann man zwischen vier verschiedenen Routen Nr. 1 auswählen 😉.

In Schweden und Norwegen war das WC-Papier aus Schaf oder Eichhörnchen, in Polen aus Eisbären und in Nordmazedonien ist es nun aus Schwänen «hergestellt» 😜.

Achtung horizontale Lichtsignalanlage!