Magirus on tour

Unfreiwilliges Krafttraining – Albanien Teil 2

Februar 2021

Wir haben schon von Shkodra aus gesehen, dass in den Bergen noch Schnee liegt. Die Passstrasse nach Theth ist noch geschlossen, weil diese im Winter nicht geräumt wird (von Shkodra bis zur Passhöhe ist sie asphaltiert, runter nicht mehr). Es gäbe noch eine kleine (schlechte) Strasse von Süden her, da es jedoch Felsvorsprünge in die Fahrbahn hinein gibt, sind wir mit unserem Magirus zu hoch für die Durchfahrt (bis ca. 3.30m müsste es gehen). In einem Seitental Richtung Theth soll es jedoch das «Natyral Razma Resort» geben, wo man ev. Schneetöff-Touren machen kann. Das klingt vor allem für André verlockend und vielleicht kann man dort ja auch noch eine Schneeschuhwanderung machen. Die Strasse bis nach Razëm ist asphaltiert, Schnee gibt es aber fast keinen mehr. Der etwas in die Jahre gekommene Schneetöff vor dem Hotel hat daher schon Sommerpause. Wir sagen, dass wir aus der Schweiz kommen, woraufhin sich die Hotelmanagerin als Heidi vorstellt 😉. Den richtigen Namen hätten wir uns wahrscheinlich nicht merken können… Sie haben im Hotel mehrere Flyer mit Wandervorschlägen, welche wir netterweise fotografieren dürfen. Die Strasse nach Razëm ist nicht mehr asphaltiert und wird bald rumpelig. So schaukelt sich der Magirus in der Geländeuntersetzung den Berg hinauf. Kurz vor der Schneegrenze finden wir einen schönen Übernachtungsplatz. Die erste Tour führt uns zu einer Höhle nordwestlich von Razëm. Da die Strasse bisher nicht schneebedeckt war und die Höhle nicht so viel höher liegt, versuchen wir unser Glück mit dem Moutainbike. Doch bereits der erste Anstieg ist schneebedeckt, weil der Hang nicht nach Süden ausgerichtet ist. So wird der Ausflug zum «Bike & Hike». Zum Glück hatten wir vorsorglich die normalen Schuhe angezogen. Der Weg zur Höhle ist nicht markiert, aber mit unserer Kartenapp «mapy.cz» finden wir unser Ziel ohne Probleme. Die Höhle dient wohl manchmal als Unterstand für die Schafe. Jetzt gerade ist es noch zu kalt, wie man an den Eisflächen deutlich sehen kann. Zum Glück können wir uns an der Sonne wieder aufwärmen.

Für den nächsten Tag haben wir uns eine Schneeschuhtour vorgenommen. Diese startet etwas weiter oben und so fahren wir morgens frohen Mutes mit dem Magirus los. Schon bald ist die Strasse schneebedeckt. Die einzigen Spuren stammen vom Pistenfahrzeug, welches wohl wie wir die Handyantenne auf dem Berg zum Ziel hatte. Der Schnee ist frühmorgens noch gefroren und wir kommen problemlos durch. Etwa 500m vor unserem Ziel (Abzweigung zur Antenne) hat es eine kurze Steigung, wo die Räder des Magirus plötzlich durchdrehen. Das Verteilergetriebe ist bereits gesperrt, die Hinterachse aufgrund der kurvigen Strasse noch nicht. Die Hinterachssperre nützt aus dem Stand auch nichts mehr, also möchte André zurücksetzen. Dabei gerät der Magirus neben die Spur des Pistenfahrzeuges und sinkt im weichen Schnee ein. Wir wollen im Wohnaufbau die Schlüssel für die Sandbleche holen, doch das Schloss klemmt und die Tür lässt sich einfach nicht öffnen. Ohne Schlüssel und Werkzeug haben wir keinen Zugang zu den Schneeketten oder den Sandblechen, also bleibt uns einzig eine Schaufel um den Magirus wieder zu befreien. Mit Muskeleinsatz, ein paar toten Ästen und Reduktion des Reifendruckes schaffen wir es, den Eisenklotz dem Schnee zu entreissen. Was haben wir aus dieser Aktion gelernt:

  1. Immer etwas Wasser im Fahrerhaus dabei haben, auch wenn man nur 2km fahren möchte.
  2. Schlüssel und Werkzeug für das Herausnehmen des «Bergematerials» im Fahrerhaus aufbewahren.
  3. Der Riegel des Türschlosses muss nach oben und unten etwas Spiel haben, damit er nicht gleich bei der kleinsten Verwindung des Aufbaus klemmt.

Die ganze Aktion hat vor allem Carole schon einige Nerven gekostet und da die Lawinen- und Steinschlaggefahr bei Temperaturen von ca. 15°C am Nachmittag nicht zu unterschätzen ist, verschieben wir die Tour auf den nächsten Tag. Dafür erledigt André gleich Punkt 3 der obenstehenden Liste. Bei einem kurzen Spaziergang stellen wir fest, dass das Dorf am Ende vom Tal menschenleer ist. So verbringen wir einen ungestörten Nachmittag.

Am nächsten Morgen steht einer erfolgreichen Tour nichts mehr im Weg. Da André seine mühsam erarbeitete potentielle Energie gerne in Spass umwandelt, testet er vor dem Losgehen seinen «Schlitten». Das Konzept überzeugt und wird auf der Tour erfolgreich angendet. Wie schon vermutet, führen die Spuren des Pistenfahrzeuges tatsächlich zur Handyantenne. Als wir oben ankommen, hören wir auch warum. Der Dieselgenerator läuft wohl die ganze Zeit und braucht ab und zu Treibstoffnachschub… Da wir früh von der Tour wieder zurück sind, entscheiden wir, noch am gleichen Tag wieder Richtung Tal zu fahren. Was wir jedoch nicht bedacht haben, ist, dass der Schnee durch die Sonne aufgeweicht wurde. Der Magirus sinkt ein und hat bereits in der Ebene geradeaus zu kämpfen. Wir beschliessen auf weitere Bergungsaktionen zu verzichten und die Schneeketten zu entjungfern. Schneller als gedacht (ca. 40 Minuten) sind diese befestigt und es kann losgehen.

Wir möchten noch länger in den Bergen bleiben und da wir nicht nach Theth fahren können, beschliessen wir, nach Valbona zu fahren. Dieses Tal ist zu Fuss nur durch einen Passübergang von Theth getrennt, auf der Strasse muss man ziemlich weit rundherum fahren. Die Strecke lässt sich etwas abkürzen, indem man die Fähre über den Komansee nimmt. Laut den Informationen auf der Webseite des Betreibers fährt diese jedoch nur im Sommerhalbjahr. Beim Wasser auffüllen an einer der unzähligen «Lavazh» (Autowaschstellen) erklärt uns der Besitzer, dass die Fähre das ganze Jahr hindurch verkehrt. Wir freuen uns, in Genuss der anscheinend sehr schönen Schifffahrt zu kommen und fahren Richtung Koman.

Erkenntnisse

Wenn ein Dorf in Albanien nicht mindestens eine Autowaschstelle hat, ist es ein «Kaff» oder nicht mehr bewohnt. Autowaschstelle heisst dabei, dass sich jemand einen Hochdruckreiniger leisten konnte und vor dem Haus Platz für ein Auto hat.


Korça ist ein preisgekröntes albanisches Bier. Es hat 1935 und 1938 den «Grand prix» gewonnen!


Wenn man in Albanien nachts keine Hunde bellen hört, ist man richtig weit ab vom Schuss.