Magirus on tour

Ausflug auf Schweizer Boden – Nordmazedonien Teil 3

April 2021

Nach dem Ausflug in die Natur wagen wir uns in die Hauptstadt Nordmazedoniens – nach Skopje. Um uns an die Stadt zu akklimatisieren und uns einen ersten Überblick zu verschaffen, erklimmen wir den Hausberg «Krstovar». Auf dem steil bergauf führenden «Olympic Trail» weht uns ein eisiger Wind entgegen und es bilden sich sogar Eiskristalle an den «Lampenschirmen». Auf dem Gipfel ist noch alles geschlossen, auch der Lift, welcher ins weit herum sichtbare Kreuz hochführt. Nachdem Carole ihren Spieltrieb befriedigt und ihren Snack erfolgreich gegen die streunenden Katze verteidigt hat, geht es nun etwas weniger steil auf dem «Pensioner Trail» wieder talwärts.

In Skopje «müssen» wir für einmal nicht selber kochen, denn wir sind in der Schweizer Botschaftsresidenz zum Essen eingeladen. Zur Erinnerung: Wir haben die Schweizer Botschafterin und ihren Mann beim Ski fahren getroffen (wo auch sonst 😉). Bei einem leckeren Moussaka, vorzüglichem mazedonischem Wein und interessanten Gesprächen geht die Zeit wie im Flug vorbei. Zu unserer Überraschung dürfen wir mit unserem Magirus sogar auf schweizer Boden übernachten 😀.

Am nächsten Morgen stürzen wir uns ins Getümmel der skopjoter Innenstadt. Sofort stechen die Prunkbauten des Projekts «Skopje 2014» ins Auge. Die alte, nationalistische Regierung hat im Jahr 2010 eine architektonische Neugestaltung des Stadtzentrums initiiert. Die ursprünglich budgetierten 80 Millionen Euro für das Projekt wurden weit überschritten und später auf etwa 700 Millionen Euro geschätzt. Zu sehen gibt es prunkvolle Regierungsgebäude, die mit ihren Säulen an die griechische Antike erinnern, zahlreiche Statuen, unter anderen eine riesige von Alexander dem Grossen sowie eine zum flanieren einladende Flusspromenade inkl. «Fake-Schiffen» mit Restaurants und Hotels. Auch ein Triumphbogen darf im Repertoire nicht fehlen. Das bereits angespannte Verhältnis zu Griechenland wurde durch den Baustil und die Verehrung von Alexander dem Grossen als Nationalheld nicht gerade verbessert. Auch die Benennung des Flughafens sowie der Autobahn Richtung Griechenland nach «Alexander dem Grossen» hat dazu beigetragen, dass Griechenland jeweils das Veto gegen Beitrittsgespräche von Mazedonien mit der EU eingelegt hat. Inzwischen, unter der neuen Regierung, heisst das Land «Nordmazedonien» (es gibt in Griechenland eine Provinz, die Mazedonien heisst), die Autobahn «Friendship Highway» und der Flughafen «Skopje International Airport». Die Prunkbauten von «Skopje 2014» waren für unser Empfinden zu kitschig, auch lässt sich die Bausubstanz nicht mit derjenigen der Antike vergleichen (uns wäre nicht bekannt, dass in der Antike Styropor für die Säulendekoration eingesetzt worden wäre…). Ganz im Gegensatz dazu finden wir Gefallen am bunten Treiben im türkischen / albanischen Viertel und vor allem auf dem Alten Basar. Hier findet man wohl so ziemlich alles, was das Herz begehrt.

Uns wurde empfohlen, einen Abstecher ins beliebte Ausflugsgebiet Richtung kosovarische Grenze zu fahren. Wir sind wohl etwas zu nahe an die kosovarische Grenze gefahren, denn kurz nach dem Anhalten neben der Strasse kommt auch schon die Grenzpolizei. Sie fragen, was wir hier machen und wie lange wir bleiben wollen. Carole erwidert: Wir sind Touristen und bleiben einen Monat. Das ist nicht die Antwort, die der Grenzwächter hören will, denn die Frage bezog sich nur auf den aktuellen Standort und nicht auf ganz Nordmazedonien. Die Sachlage kann schnell geklärt werden und der Grenzwächter stellt sich als super nett und «Hobby-Touristenguide» heraus. Er informiert uns über die lokalen Wind- und Wetterphänomene sowie die Geschichte der Region. Allerdings macht er sich Sorgen um unsere Sicherheit, gibt uns seine Telefonnummer und informiert uns über die naheliegende Polizeistation. Wir nehmen trotzdem unsere geplante Wanderung in Angriff. Der Weg erweist sich durch den noch liegenden Schnee als sehr matschig und nicht so spektakulär, wie wir uns dies vorgestellt haben. Daher drehen wir schon bald wieder um. Kaum zurück beim Magirus steht auch schon der Grenzwächter wieder vor der Tür. Er hat es sich anders überlegt und wir dürfen doch nicht hier übernachten. Seine Hauptbedenken sind, dass sich die Holzmafia und andere an illegalen Geschäften beteiligte Personen durch unsere Anwesenheit gestört fühlen könnten. Unser Fahrzeug könnte mit einem Polizei- oder Militärfahrzeug verwechselt werden… Er wisse einen guten Ort, wo wir sicher übernachten könnten. Sie quartieren uns in der alten Militärkaserne aus dem Kosovo-Krieg ein. Dort steht bereits ein Mercedes der drei Serben gehört. Die Serben haben keinen plausiblen Grund für ihren Aufenthaltsort, sie sind aber ganz sicher weder Touristen noch lokale Wanderer… Die Grenzwächter schicken sie deshalb weg. Wir verbringen trotz allem eine ruhige Nacht.

Nach erneutem Kartenstudium stellen wir fest, dass wir tatsächlich zu nahe an der kosovarischen Grenze waren und das bekannte Ausflugsziel der «Crn Kamen» sich ein paar Kilometer weiter im Landesinneren befindet. Diese Wanderung gefällt uns denn auch deutlich besser und plötzlich treffen wir auch wieder auf andere Wanderer und nicht mehr auf Grenzpolizisten 😜.

Auf dem Rückweg möchten wir bei der «Vila Elena» (die uns ebenfalls wärmstens empfohlen wurde) unsere Energiereserven wieder auffüllen. Eigentlich hat die mazedonische Regierung vor kurzem die Restaurants coronabedingt wieder geschlossen und es darf nur noch Take-away angeboten werden. Im ländlichen Nordmazedonien wird das so umgesetzt, dass man nicht im Restaurant oder auf der Terrasse sitzen darf, sondern die Tische werden mit sehr grosszügigem Abstand am nahegelegenen Waldrand aufgestellt. Wir werden trotzdem am Tisch bedient und so ist es eigentlich mehr ein «Bring-away» als ein «Take-away», was wir eine sehr angenehme und kreative Lösung finden. Das Essen ist traditionell und seeehr lecker!

Erkenntnisse

Bauqualität «Skopje 2014»

In Nordmazedonien gibt den MFC anstelle des KFC.

Die Albaner und die Nordmazedonier vertragen sich nicht überall im Land gleich gut.

Am Wochenende können sich an den Wasserquellen lange Warteschlangen bilden.

Fast wie auf einem fliegenden Teppich.