Magirus on tour

Erkundungstour zu Land und zu Wasser – Bulgarien Teil 5

Mai 2021

Auf dem Weg zum Fischen in Krapets (siehe letzter Bericht) treffen wir auf drei Personen, welche gerade einen Markierungspfosten für einen Veloweg aufstellen. Wir bieten unsere Hilfe an, doch sie kommen für heute ganz gut alleine zurecht. Es stellt sich heraus, dass der Mann in der Gegend Kayaktouren anbietet und das Tourismusangebot ganz allgemein ausbauen möchte. Die Frauen kommen eigentlich jedes Jahr kayaken, da es ihnen aber dieses Jahr zu kalt ist, helfen sie mit. Wir vereinbaren, am nächsten Tag gemeinsam eine potentielle neue Veloroute zu erkunden und diese mit dem GPS-Gerät aufzuzeichnen.

Beim Treffpunkt in Shabla gibt es zuerst mal bulgarisches Frühstück offeriert: Banitsa mit Ayran. Galin (der Guide) war leicht erstaunt, dass wir Banitsa schon kennen. Wir sind ja aber auch schon eine Weile in Bulgarien und passen uns gerne an die lokalen Essgewohnheiten an. Passend dazu posieren die Schüler auf dem nahegelegenen Pausenplatz in der regionalen Tracht. Frisch gestärkt radeln wir los. Schnell wird klar, dass der heutige Ausflug für die zwei Bulgarinnen herausfordernd sein wird. Auch ein kleiner Sturz trübt die Motivation nicht und im Notfall wäre Galin als Besenwagen dabei inkl. Veloträger am Auto. Idyllisch geht es auf Feldwegen, vorbei an alten Ölförderpumpen Richtung Küste.

Es stellt sich heraus, dass Galin die Gegend wie seine Hosentasche kennt. Wir «müssen» gefühlt alle 10 Minuten einen Halt einlegen, weil es etwas Spannendes zu sehen gibt: ein Kriegsdenkmal, Fischerdörfer, Gesteinsformationen, ein Höhlenkloster, ein Aussichtsturm, Grabstätten der Thraker (in den Felsen gehauen), eine ewig brennende Gasflamme. Einmal kommt Galin trotz Bauernferrari (Subaru) nicht mehr durch. Wir fahren weiter den geplanten Veloweg, während Galin mit den Frauen ringsum fährt. Endpunkt der Tour ist bei der «Yaylata necropolis», wo es noch viele weitere Überreste der Thraker zu sehen gäbe. Wir haben heute jedoch schon viel gesehen und lassen deshalb den Besuch des Museums weg. Hier verabschieden wir uns von den anderen und radeln wieder zurück zum Magirus. Dank unserer neu erworbenen Ortskenntnis kannten wir auch schon unseren nächsten Übernachtungsplatz beim Aussichtsturm.

Weil Galin für den nächsten Tag Gäste zum Kayaken hat, dürfen wir als Belohnung für die Hilfe beim Rekognoszieren mitpaddeln. Die Tour startet am Bolata beach und führt entlang der eindrücklichen Steilküste um das Kap Kaliakra. An einem kleinen gemütlichen Strand machen wir Mittagspause wobei wir nicht mit einer so langen Tour gerechnet und entsprechend nur sehr wenig Proviant dabei haben. Die Tour gefällt uns super, das Wetter ist perfekt, an den Felswänden lassen sich diverse Vögel beobachten und wir kommen sogar noch in den Genuss einer kleinen Höhle. Für alle die in der Gegend unterwegs können wir Galin unbedingt als Guide empfehlen. Kontaktieren kann man ihn über Facebook Sea kayaking Bulgaria oder über seine Webseite.

Zurück am Strand merkt Galin, dass der Autoschlüssel fehlt. Auch nach gemeinsamer Suche in allen Taschen, Kayaks und am Strand ist der Schlüssel nicht zu finden. Möglich wäre, dass der Schlüssel im Kofferraum liegt. Um dies zu überprüfen, fährt Galin mit den Kayakgästen nach Hause, um den Zweitschlüssel zu holen. Doch auch dieser ist nicht auffindbar… Wie sich später herausstellt, ist er bei der Freundin in Sofia, also fast 600 km weit weg. Nun bleibt also nichts anderes übrig, als das Auto aufzubrechen. Es sei dahingestellt, wo André diese Fähigkeit erlernt hat, aber es gelingt ihm mit Hilfe einer Citroën 2CV Heckstange die Türe zu entriegeln. Böse Zungen behaupten im Nachhinein, dass wir die Rollen ausnahmsweise umgedreht haben weil ein Schweizer das Auto eines Bulgaren aufgebrochen hat 😜. Leider bringt auch dies nichts, da der Schlüssel immer noch nicht auftaucht. So entscheidet sich Galin, die Nacht im Zelt am Strand zu verbringen, damit niemand die teuren Kayaks vom Anhänger klaut. Auch wir halten «Nachtwache» am Strand. Und siehe da, neuer Tag, neues Glück! Bei einem nochmaligen Suchrundgang im seichten Wasser der Bucht, taucht wie durch ein Wunder im Sand der Schlüssel auf und funktioniert sogar noch. Da hat Galin nochmal Glück gehabt.

In der Zwischenzeit versuchen wir unser Anglerglück. Doch irgendwie will nichts anbeissen. Da Galin nun wieder über einen Autoschlüssel verfügt, bietet er uns an, uns an einen viel besseren Ort zum Angeln zu fahren. Dort könne man locker 1 kg Fisch innerhalb einer halben Stunde fangen. So ein Angebot kann man fast nicht ablehnen und so machen wir uns gemeinsam auf den Weg. Wir fahren zuerst nach Kavarna, um Galin’s Angelequipment zu holen. Als Galin mit einer 1.5 L Petflasche voll eingefrorener Fische zurückkommt, werden wir etwas stutzig. Auf unsere Nachfrage meint er, dass wir so, auch wenn wir nichts fangen würden, wenigstens etwas fürs Abendessen hätten. Naja, klingt irgendwie doch nicht ganz so vielversprechend der Angelspot 🤔. Über holprige Strassen geht es zu einem kleinen Fischerhafen. Wegen Corona darf man hier anscheinend nicht mehr rein zum Fischen, was wir alle nicht wirklich verstehen. Wir, als Schweizer, halten uns aber natürlich an solche Verbote und angeln zuerst etwas abseits vom Hafen. Galin lässt jedoch nicht locker und als Hafenangestellte kommen, verschafft er uns doch noch Zugang zur Anlegestelle. Wir fangen wirklich einige Fische, jedoch nicht 1 kg Fisch / halbe Stunde sondern eher 1 (kleiner) Fisch / halbe Stunde. Allerdings haben wir freche und schnelle Konkurrenz in Form von zwei Hafenkatzen, gegen die wir die Beute vehement verteidigen müssen. Müde aber glücklich über den Fang fährt uns Galin (spät)abends zurück zum Magirus.

Schweren Herzens verabschieden wir uns am nächsten Tag bei Banitsa und Ayran von Galin und fahren wieder Richtung Varna. Unser Wäschekorb platzt aus allen Nähten…


Erkenntnisse

Eines von vielen Überbleibseln aus der Sowjetzeit. Unser Magirus durfte sich mal auf das Fahrzeugklo draufsetzen, hat aber schön brav seine Flüssigkeiten behalten…

Der Gurken-Konsum der Bulgaren scheint gegenüber dem Schweizer Durchschnitt leicht erhöht zu sein. Gebraucht werden diese wohl unter anderem für Tarator (Gurkensuppe) und Snezhanka (Salat).

Wir haben gelernt, dass es in Bulgarien durchaus preissteigernd (für den Occasionmarkt) sein kann, wenn am Auto ein CH-Kleber klebt. Dass dieser echt ist und das Auto wirklich in der Schweiz eingelöst war, scheint nicht immer gegeben zu sein…

Nicken heisst in Bulgarien Nein, Kopfschütteln heisst Ja – etwas gewöhnungsbedürftig…


Sowjetfahrzeuge

Gibt es dieses Mal erstaunlicherweise keines…