Magirus on tour

Nessebar – Bulgarien Teil 7

Mai 2021

Der Spaziergang zum Eisenbahntunnel verläuft gemütlich auf einem breiten Kiesweg. Das Eingangstor ist tatsächlich recht imposant und wirkt fast etwas verloren. Die geplante Bahnstrecke sollte die beiden Hafenstädte Burgas im Süden und Varna im Norden der Küste verbinden. Das Projekt wurde während der Sowjetzeit geplant, allerdings nie fertiggestellt. Ausser dem Tunnel selber, ist heute keine Bahninfrastruktur mehr zu erkennen. Leider steht am Boden des Tunnels ziemlich viel Wasser und da wir keine Gummistiefel dabei haben und auch nicht wissen, wie der Boden darunter aussieht, verzichten wir auf eine Besichtigung. Wir klettern noch ein wenig auf dem Eingangstor herum und wandern dann gemütlich zurück zum Magirus.

Für die nächste Nacht fahren wir zu einem gemütlichen Picknickplatz, den wir online gefunden haben. André möchte unbedingt selber einen Bogen schnitzen. Wir durften für dieses Projekt ein geeignetes (so dachten wir zumindest) Stück Baumstamm bei Steljan aussuchen. Nun nehmen wir die ersten Schritte in Angriff: schälen und spalten. Schon beim Schälen sehen wir, dass es etliche Wurmspuren hat und auch noch ein paar lebendige Exemplare. Ausserdem sind wir uns immer sicherer, dass es sich um Eichenholz handelt, welches nicht geeignet ist für den Bogenbau. Wir montieren die gespaltenen Stücke trotzdem mal an unserer Stossstange. Als Feuerholz ist Eiche gut geeignet.

Nach all der Gastfreundschaft und schönen, einsamen Plätzen der letzten Tage, entscheiden wir uns am nächsten Tag ausnahmsweise mal für ein äusserst touristisches Ziel. Die Hafenstadt Nessebar wurde etwa im 5. Jh. v. Chr. gegründet und zieht heute mit ihrer einzigartigen Lage und der wunderschönen Altstadt jedes Jahr tausende von Besuchern an. Dass die Stadt seit 1983 zum UNESCO Kultur- und Naturerbe gehört, trägt das Ihre zum Besucherstrom bei. Auch wir sind begeistert von der Architektur der alten Kirchen und Wohngebäude. Und wenn wir schon am Meer sind, gönnen wir uns zum Schluss noch ein Mittagessen in einem der vielen Fischrestaurants.

Ein Tag «Touri-Ausflug» reicht uns dann aber auch und so geht es weiter nach Burgas. Von den deutschen Gästen bei der Kayaktour haben wir erfahren, dass sich in Bulgarien Personen jeden Alters und auch Ausländer gegen Corona impfen lassen können (was zumindest in Westeuropa zu diesem Zeitpunkt noch nicht der Fall ist). Wir suchen also eine Impfstelle in einem lokalen Spital heraus und probieren unser Glück. Die Angestellte macht uns jedoch sehr schnell klar, dass wir hier falsch sind. Über die Schweizer Botschaft erfahren wir, dass die Impfung von Ausländern eingestellt wurde, obwohl viel zu viele Impfdosen bestellt wurden. Das Problem liegt bei der Impfsoftware. Diese basiert, wie die Landessprache, auf der kyrillischen Schrift. Bei Ausländern muss daher der Name ins Kyrillische «übersetzt» werden. Leider gibt es dazu keine klaren Regeln und so kommt spätestens beim zurückübersetzen für den englisch-sprachigen Impfausweis ein anderer Name heraus, als im Pass steht. Die Regierung hat gemerkt, dass dies nicht ganz ideal ist und daher beschlossen, keine Ausländer mehr zu impfen. Naja, wir haben es wenigstens versucht. Vielleicht haben wir in einem anderen Land mehr Glück.

Am nördlichen Rand der Stadt finden wir einen gemütlichen Übernachtungsplatz direkt am Meer. Auf der Karte entdecken wir plötzlich, dass es gleich in der Nähe ein Salz- und Schlammbad haben soll. Das müssen wir natürlich unbedingt ausprobieren. Die Becken wurden ursprünglich angelegt, um Meersalz zu gewinnen. Heute ist es das grösste «Outdoor-Spa-Center» Bulgariens (so steht es zumindest auf der lokalen Tourismuswebseite). Beim Eingang hat es ein Drehkreuz und einen Münzautomaten. Personal gibt es keines und die Anlage ist somit 24h am Tag nutzbar. Wir müssen uns zuerst ein bisschen zurecht finden mit all den Stegen und Becken. Eine Infotafel klärt uns auf: Die roten Becken beinhalten eine Salzlauge, während man sich im Becken nebenan eine Ganzkörper-Schlammpackung gönnen kann. Dies soll gegen verschiedenste Erkrankungen helfen. Seit dem Spa-Besuch in Mazedonien ist schon wieder eine Weile vergangen und so geniessen wir ein gemütliches Bad. In Bauchlage auf der Salzlauge obenauf zu schwimmen fühlt sich irgendwie komisch an 😜. Das abschliessende Abwaschen des Schlamms im Meer ist noch etwas kühl aber aushaltbar.

Bevor wir weiterfahren möchte André noch das Luftfahrtmuseum am Flughafen Burgas besuchen. Damit wir nicht auf den vermutlich teuren Flughafenparkplätzen parkieren müssen, suchen wir uns eine ruhige Seitenstrasse in Sarafovo. Das Museum ist etwas kleiner als gedacht, aber dafür kostenlos. André erfreut sich an den ausgestellten Flugzeugen aus osteuropäischer Produktion. Als wir zurück zum LKW kommen, sind die Handwerker, welche wir auf dem Hinweg gesehen haben, immer noch am Werk. Wir plaudern ein bisschen über Sehenswertes in Bulgarien. Carole’s Magen knurrt schon bedrohlich daher holen wir im Magirus Proviant und richten uns auf der Lada-Motorhaube ein. Unser gemeinsames Mahl wird gestört durch eine aufgebrachte Frau. Was wir nicht realisiert haben, ist dass die Männer nicht für sich privat etwas bauen sondern für eine Kundin, welche im Haus daneben wohnt. Diese verliert irgendwann die Geduld und fordert die Männer sehr bestimmt dazu auf, doch endlich weiter zu arbeiten. Das Tor müsse noch heute fertig werden. Wir halten sie nicht mehr länger von der Arbeit ab und verabschieden uns mit ein paar neuen Ideen für die nächsten Zwischenstopps.


Erkenntnisse

Carole will auch mal Pilotin werden, wenn sie gross ist.


Sowjetfahrzeuge

Olé, es gibt wieder mal ein schönes Exemplar, einen IFA W50 aus der DDR sogar mit 4×4 😜.