Magirus on tour

Sternfahrt in Ancona – Reise nach Albanien

Februar 2021

Voller Elan brechen wir auf, doch bereits am Gotthard wird unsere Fahrt gestoppt. Trotz sehr geringem Verkehrsaufkommen ist die Lichtsignalanlage auf rot. Die Autos vor uns ignorieren dies, doch wir als rechtschaffene Bürger halten natürlich an. Wir probieren ausfindig zu machen, ob sich im Tunnel ein Unfall oder sonst etwas ereignet hat, werden jedoch nicht fündig. Als auf der Gegenfahrbahn ein Feuerwehrauto die Gotthardrampe runterfährt, scheint für uns der Fall klar, dass etwas passiert ist. Das gleiche Feuerwehrauto fährt kurze Zeit später an uns vorbei und hält auf dem Parkplatz vor uns. Das Lichtsignal springt auf grün und die doch schon beträchtliche Kolonne setzt sich in Bewegung. Doch wir haben uns zu früh gefreut, denn die Feuerwehr winkt uns auf den Parkplatz. Der Magirus freut sich einen ehemaligen Arbeitskollegen zu treffen, wir sind jedoch etwas skeptischer. Es stellt sich heraus, dass mittels dem automatischen Wärmeüberwachungssystem während der Fahrt bei unserem LKW eine erhöhte Temperatur festgestellt wurde. Das System erstellt während der Fahrt ein 3D-Bild des LKWs mit farblich dargestellter Temperaturverteilung. Die Kabine eines LKWs darf maximal 80°C warm sein. Bei unserem alten LKW schaut der luftgekühlte Motor hinter der Kabine hervor. Das System hat somit nicht die Kabine gemessen, sondern die Temperatur des Motors / Auspuffs. Diese ist logischerweise viel höher als 80°C. Die Überwachungsanlage ist verhältnismässig neu und hat zum Ziel, Brände im Gotthardtunnel zu verhindern. Mit «speziellen» Fahrzeugen hat sie noch etwas Mühe, lernt aber mit jedem Fehlalarm dazu. Die Feuerwehr macht eine manuelle Referenzmessung und der Fehlalarm wird protokolliert. Obwohl wir die Feuerwehr bei der Pizza-Mittagspause unterbrochen haben, dürfen wir die Fahrt kostenlos fortsetzen 😜.

Wir haben noch gar nicht erwähnt, wohin die Reise gehen soll. Unser Ziel ist es, in Ancona die Fähre nach Albanien zu nehmen. Für die Fahrt durch Italien haben wir ohne PCR-Test nur 36 Stunden Zeit, das heisst wir sind hauptsächlich am Fahren. Als sich jedoch herausstellt, dass das Ferrari-Museum heute wieder öffnen darf, machen wir einen kleinen Schlenker nach Maranello. André besucht das Museum, Carole dreht lieber eine Runde durch die Stadt. Die Autos sehen zwar von weitem toll aus, aber André als Maschinenbauingenieur darf nicht zu genau hinschauen… «Looks good from afar, but far away from looking good.»

Am nächsten Tag erreichen wir den Hafen in Ancona frühzeitig und haben somit genügend Zeit fürs Einchecken. Wir erhalten unsere Boardingkarte für die Fähre und noch ein Formular, welches wir für die italienische Grenzpolizei ausfüllen sollen. Der Angestellte der Fährgesellschaft rät uns noch, nichts im Zusammenhang mit Tourismus aufs Formular zu schreiben. Dieses ist leider nur italienisch geschrieben und auch die Übersetzung mit Google hilft nicht so wirklich weiter. So weit wir es verstehen, sollen wir den Zweck unserer Reise festhalten, also schreiben wir «Transit» ins entsprechende Feld, da wir durch Italien ja bloss durchgefahren sind. Als das Boarding für die Fähre beginnt, begeben wir uns in Richtung unseres Terminals. Bei der ersten Schranke müssen wir bloss unsere Boardingkarte vorweisen und werden dann ohne Probleme durchgelassen. Bei der zweiten Schranke kommen zwei dubiose Gestalten in Strassenkleidern auf unseren Lastwagen zu. Wir denken schon, sie wollen betteln, es stellt sich dann aber heraus, dass sie von der «Guardia di finanza» sind. Sie fragen, ob wir Bargeld dabei haben und unsere Antworten scheinen zufriedenstellend zu sein, denn wir werden auch hier durchgelassen. Dann erst kommt die eigentliche Grenzwache. Der Grenzwächter fragt uns, warum wir nach Albanien reisen möchten. Ehrlich wie wir sind, sagen wir «Tourismus». Er meint darauf hin, dass dies nicht möglich sei und beginnt, unsere Dokumente zu kopieren. Wir sind etwas verwirrt und fragen noch die anderen Grenzwächter, doch auch hier ist die Antwort negativ. Wir werden zurück zur Polizeistation eskortiert. Dort hat es zum ersten Mal eine Polizistin, die Englisch kann und wir werden angewiesen, draussen zu warten. Sie klärt uns auf, dass zurzeit ein Ausreiseverbot für Italiener nach Albanien gilt. Ob dieses Gesetz auch für Ausländer gelte, sei nicht definiert. Sie versucht uns zu helfen und es werden verschiedene Telefonate geführt. In der Zwischenzeit rufen wir bei der albanischen Botschaft in Bern an und versichern uns, dass wir in Albanien einreisen dürfen. Der albanischen Botschafterin ist das Verhalten der italienischen Grenzwache bekannt und sie ist gar nicht erfreut darüber. Trotz mehrmaliger Nachfrage bei den Behörden, habe sie nie eine Erklärung für das Ausreiseverbot erhalten. Sie rät uns, auf dem Landweg rund um die Adria zu fahren. Plötzlich heisst es, es gehe doch und wir dürften auf die Fähre. Frohen Mutes fahren wir wieder zum Terminal. Die Grenzwächter wollen uns aber auch dieses Mal nicht durchlassen und werfen uns vor, wir hätten auf dem Formular falsche Angaben gemacht. Uns kam schlicht und einfach nicht in den Sinn, dass die Fragen auf dem Formular sich auf Albanien und nicht Italien beziehen. Wir fragen uns auch, weshalb dies die italienische Grenzwache interessieren soll. Da wir unsere 36 Stunden Transitzeit in Italien schon fast aufgebraucht haben, besteht Carole auf einem schriftlichen Dokument, welches bestätigt, dass wir nochmal Zeit erhalten, um auszureisen. Wir wollen nicht nochmal Diskussionen bei der Ausreise. Wir kriegen das gewünschte Dokument, natürlich mit ganz vielen wichtigen Stempeln und Unterschriften drauf, sowie Angaben zum Corona-Testzentrum am Flughafen.

Am nächsten Morgen fahren wir als Erstes zum Flughafen. Das Testen verläuft sehr organisiert und speditiv und am gleichen Abend erhalten wir die Resultate. Zum Glück sind wir beide negativ! Bei der Einreise nach Slowenien ist morgens noch niemand da. Für Kroatien füllen wir das Einreiseformular bereits online aus und mit dem PCR-Test haben wir auch genügend Zeit für die Durchfahrt mit dem LKW. Wobei die Autobahnen sehr leer sind und wir daher gut voran kommen. In Neum muss man kurz (ca. 10km) durch Bosnien Herzegowina, auch dies bereitet keine Schwierigkeiten. Hier können wir auch preiswert unseren Dieseltank wieder auffüllen. Die Mittagspause verbringen wir in Dubrovnik. Es ist herrlich, da die Altstadt für einmal nicht mit Touristen gefüllt ist! Wir erkunden die vielen kleinen, verwinkelten Gassen und stärken uns für den letzten Teil der Fahrt.

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Das Navi berechnet, dass der schnellste Weg nach Albanien über Bosnien und Herzegowina führt. Also geht es steil bergauf zum nahegelegenen Grenzübergang. Der kroatische Zollbeamte zweifelt, ob wir nach Bosnien reingelassen werden. Nachdem wir erklären, dass wir einen PCR-Test haben, lässt er uns aber ausreisen. Am bosnischen Zoll werden wir tatsächlich nach dem PCR-Test gefragt und wir weisen diesen auf unseren Handys vor. Dies reicht dem Zollbeamten nicht, denn er hätte das Testresultat gerne auf Papier. Wir haben genug von den Diskussionen am Zoll und erwähnen daher nicht, dass wir heute eigentlich schon mal in Bosnien waren. Es gibt eine Alternativroute nach Albanien, welche nur durch Montenegro führt. Am Abend erreichen wir den albanischen Grenzübergang in Muriqan. Es ist gerade Feierabendverkehr und es hat schon einige albanische Autos in der Warteschlange. Der albanische Grenzwächter geht die Kolonne ab und zieht schon mal von allen Fahrzeugen die Papiere ein, so auch bei uns. Er meint dann aber, dass wir auf die dritte Spur wechseln müssen, die jedoch nicht besetzt ist. Wir befürchten Schlimmeres und wähnen uns auf dem Abstellgleis. André hat Bedenken, dass wir auf die Waage müssen, da es vorher auf der Strasse 7.5 Tonnen Schilder gehabt hat. Wir sind zwar momentan unter 7.5 Tonnen, dürften aber laut Ausweis 8.5 Tonnen schwer sein. Schon nach ca. 10 Minuten kommt der Grenzbeamte mit unseren Papieren zurück und wir dürfen einreisen. Endlich sind wir in Albanien angekommen! Wir haben in den letzten zwei Tagen so viele Kilometer gemacht wie sonst knapp in einem Monat. Bereits im Dunkeln fahren wir nach Shkodra und merken sogleich, warum vom EDA von nächtlichen Überlandfahrten abgeraten wird. ALLES ist auf der Strasse unterwegs: Esel, Kinder, Leute die vor der Ausgangssperre noch ein Feierabendbier geniessen, Fahrräder und Pferdefuhrwerke ohne Licht. In Shkodra fahren wir auf den Campingplatz um uns von der abenteuerlichen Anreise zu erholen. Wir suchen zwar das Abenteuer und dazu gehören auch Komplikationen an der Grenze, dass das Abenteuer aber bereits in Italien ein solches Ausmass annimmt, konnten wir uns vor der Reise nicht vorstellen. Nächstes Mal sollten wir auf John hören und nicht nach Italien fahren…

Erkenntnisse

Plexiglasscheiben zum Schutz vor Corona kann man auch mit Frischhaltefolie improvisieren.

Wir fragen uns, wann es ein Steinmaur-Glace geben wird 😜.

Der Barbar in der Bar in Bar 😜.