Magirus on tour

The hiking birds – Schweden Teil 7

Seit wir nach Schweden gekommen sind, würden wir gerne einmal eine Mehrtageswanderung unternehmen. Die Gegend hier scheint uns sehr geeignet, da es hier gleich mehrere Nationalparks gibt. Bei all der Auswahl wissen wir gar nicht so recht, wohin und hoffen auf guten Rat im Touristenbüro in Gällivare. Der Klassiker schlechthin, der Kungsleden, lässt sich schlecht als Rundtour machen und würde mehr Zeit in Anspruch nehmen, als wir für die erste Mehrtageswanderung einplanen möchten. Ausserdem ist dieser aufgrund der Corona-Auswirkungen dieses Jahr von den Schweden sehr gut besucht. Die Angestellte im Tourismusbüro empfiehlt uns den «Geheimtipp» Padjelanta-Nationalpark. André lässt sich davon einfach begeistern, kann man doch den Hinweg in die Mitte des Parks mit dem Helikopter zurücklegen und dann die praktisch gleiche Strecke zu Fuss wieder zurückgehen. Wir sind beide noch nie mit einem Helikopter geflogen und die halbe Stunde Flug kostet umgerechnet 150 Fr. pro Person, was verhältnismässig günstig ist, also leisten wir uns das.

Tag 1: Helikopterflug von Ritsem nach Staloluokta, Wanderung ca. 10-12km nach Arasluokta

In den eineinhalb Monaten in Schweden ist der Helikopterflug die einzige Gelegenheit, bei der Maskenpflicht gilt. Ausgerüstet mit Maske dürfen wir im «Bell Long Ranger» Platz nehmen, André kriegt den Logenplatz neben dem Piloten. Bei bestem Wetter haben wir eine Wahnsinnsaussicht auf den Park und geniessen den Flug in vollen Zügen. Die Information aus dem Samimuseum, dass sich die Rentiere im Sommer gerne auf den verbleibenden Schneefeldern aufhalten, um den Mücken zu entkommen, können wir nach dem heutigen Flug definitiv bestätigen. Da der Helikopter erst mittags in Staloluokta ankommt, wählen wir für den ersten Tag eine etwas kürzere Etappe. Unsere Rucksäcke sind mit 18 bzw. 19kg auch noch recht schwer, da wir alles Essen für die 5 Tage dabei haben. Bevor wir losmarschieren, machen wir noch einen Abstecher zur Sami-Kirche in Staloluokta. Ohne Blasen oder sonstige Schwierigkeiten kommen wir Ende Nachmittag in Arasluokta an. Hier beziehen wir unsere Hütte, in der wir übernachten und gönnen uns ein wohlverdientes, kühles Bier. Die Hütten sind einfach eingerichtet aber sehr gemütlich und passend zum Nationalpark. Es gibt keinen Strom und kein fliessend Wasser. Geheizt wird mit Gas und Wasser gibt es im Fluss nebenan. Betrieben werden die meisten Hütten im Padjelanta-Nationalpark von den Einheimischen Sami-Familien.

Tag 2: Wanderung ca. 14km von Arasluokta nach Laddejahka

Auch heute steht uns eine eher kürzere Etappe bevor, weshalb wir uns genügend Zeit nehmen können. Beim Überqueren einer Hängebrücke über den Fluss bemerken wir, dass die eine Bodenplatte nur noch mit 3 anstelle von 4 Schrauben befestigt ist. Die Schraube kann André rasch aus dem trockenen Bachbett bergen, die zugehörige Mutter taucht nach etwas Suchen ebenfalls auf. Dass Wanderungsbordwerkzeug (Sackmesser) reicht nicht bis Schlüsselweite 19. Die von Hand festgezogene Mutter wird deshalb professionell mit Draht gesichert 😉. Aufgrund der vielen Mücken entscheiden wir uns, oben auf dem Hügel unsere Mittagspause einzulegen, wo es etwas windet. So hat es zwar keine Mücken, ist aber eher etwas kühl um länger zu sitzen. André hat die Lösung dafür: «Wir können doch einfach Käseschnitten machen auf dem Benzinkocher.» Voller Tatendrang baut André den Kochtopf zum Backofen um, indem er einen flachen Schieferstein reinlegt. So liegt das Brot nicht direkt auf dem heissen Topf auf und wird unten nicht schwarz. Es funktioniert super und wir geniessen die feinen Käseschnitten. Plötzlich bemerkt Carole, dass Flammen aus dem Topf schiessen. André beschwichtigt: «Kein Problem, das ist nur der heruntergelaufene Käse der brennt.» Beim zweiten Blick wird jedoch klar, dass die Alupfanne ein grosses Loch im Boden hat und die Flammen vom Benzinkocher kommen. Temperatur Benzinkocherflamme ca. 2000°C, Schmelzpunkt Alupfanne ca. 700°C macht 1:0 für den Benzinkocher. Zum Glück haben wir Schlafplätze in Hütten gebucht, ansonsten würde das Zubereiten des Nachtessens von nun an etwas mühsam. Ohne weitere Schwierigkeiten erreichen wir die Hütte für die nächste Nacht.

Tag 3: Wanderung ca. 17km von Laddejahka nach Kutjaure

Die Rucksäcke sind zum Glück schon etwas leichter geworden, denn heute steht die längste Etappe auf dem Programm. Die Wanderwege sind gut ausgebaut. Für sumpfige Passagen wurden sogar kilometerweise Bretterstege installiert. So kommen wir gut voran. Am Nachmittag raschelt es plötzlich neben uns im Gebüsch und es läuft etwas weg, was wir zuerst nicht identifizieren können. Abends in der Hütte stellt sich heraus, dass es sich um eine Dalripa, zu Deutsch Moorhuhn, gehandelt hat. Diese sind farblich an ihre Umgebung angepasst und deshalb auf unserem Foto gut getarnt.

Tag 4: Wanderung ca. 12km von Kutjaure bis vor dem Abstieg nach Vaisaluokta

Eigentlich hatten wir nur eine 4-Tages-Wanderung geplant. Da wir das Zelt aber sowieso dabei hatten und man in schwedischen Nationalparks meist überall zelten darf, hängen wir noch eine Nacht an und teilen die letzte Etappe auf zwei Tage auf. Im Touristenbüro wurden uns empfohlen, ein Zelt mitzunehmen, falls die Hütten voll gewesen wären. In den einen Hütten kann man nämlich keinen fixen Schlafplatz buchen. Aber eigentlich waren wir jeweils fast alleine, da wir Ende Saison unterwegs waren. Auch heute sichten wir wieder einige Tiere, darunter ein Hermelin und eine Fjällripa (Schneehuhn). Auch ein Grashüpfer posiert fürs Bild. An einem der zahlreichen Bergseen finden wir ein gemütliches, sonniges Plätzchen für eine ausgedehnte Mittagspause. André kann sich fast nicht mehr losreissen, Carole würde gerne weiter um vor dem angesagten Regen einen guten Zeltplatz zu finden. Auf einer kleinen Anhöhe finden wir rechtzeitig einen geeigneten Platz, einzig die vielen Mücken schränken das Outdoor-Erlebnis etwas ein. Daher kriechen wir etwas früher als sonst in unsere Schlafsäcke.

Tag 5: Abstieg ca. 6km nach Vaisaluokta, Rückfahrt mit dem Schiff über den Akkajaure

Das Frühstück essen wir heute ausnahmsweise im Zelt, da die Mücken leider über Nacht nicht verschwunden sind. Das Camp können wir noch im Trockenen aufräumen und wir nehmen den letzten Abstieg unter die Füsse. Nach einem kurzen Regenschauer erreichen wir das Seeufer. Im Winter benutzen die Bewohner den Schneetöff mit Anhängeschlitten für die Seeüberquerung, im Sommer gibt’s das Boot. Der Weg bis zur Schiffsstation zieht sich dann allerdings noch etwas in die Länge. Aufgrund des rauen Seegangs kann Carole die Überfahrt nur mässig geniessen… Das Video dazu wurde leider im Affekt (durch Carole) gelöscht. Carole ist froh, wieder mit dem Magirus weiterreisen zu können, welcher beim Hubschrauberflugplatz brav auf uns gewartet hat.

Nach der anstrengenden Wanderung gönnen wir uns ein paar Tage Entspannung auf dem Campingplatz in Gällivare. Hier können wir ein paar Sachen besorgen, welche schon länger auf unserer Einkaufsliste stehen. Da wir die Hoffnung haben, im Herbst/Winter vielleicht doch noch nach Russland einreisen zu können, besorgen wir uns Einschraubspikes für den Lastwagen. Im Gegensatz zu vielen anderen Orten in Schweden ist hier auf dem Campingplatz die Sauna offen und sogar im Preis inbegriffen. Diese Chance müssen wir natürlich nutzen.

Die norwegische Regierung hat in der Zwischenzeit beschlossen, dass man aus Nordschweden wieder quarantänefrei einreisen darf. Dies lassen wir uns natürlich nicht zweimal sagen und machen uns auf den Weg zur norwegisch-schwedischen Grenze in Abisko. Dort machen wir einen Zwischenstopp und sehen uns doch noch den Anfang des Kungsleden an. Abisko ist zwar bekannt für gute Nordlichtbedingungen, wir haben jedoch kein Glück. Dafür gibt es wieder neue Heidelbeeren. Am nächsten Tag machen wir uns zum zweiten Mal auf unserer Reise auf den Weg Richtung norwegische Grenze.