Magirus on tour

Weihnachtsüberraschung – Zwischenstopp in der Schweiz

Dezember 2020 – Februar 2021

Wir haben zwar schon länger geplant, über Weihnachten in die Schweiz zurückzukehren, aber nur wenige Personen in unsere Pläne eingeweiht. Unsere Eltern wissen von nichts bzw. denken wir reisen weiter in die Slowakei. Umso grösser ist die Überraschung als wir an der Türe klingeln. Es gibt eine warme Dusche, Kaffee und natürlich viel zu erzählen. Die Rückkehr in die Schweiz ist auch zu Coronazeiten kein Problem, weil der Transit durch Deutschland ins Heimatland erlaubt ist. Ausserdem sehen wir an keiner der Grenzen einen Grenzwächter.

Die Zeit in der Schweiz dürfen wir bei Freunden auf dem Bauernhof verbringen. Nachdem die Familie und Freunde begrüsst wurden, bekommt unser Magirus Zuneigung. Vor dem Regen geschützt machen wir einen Service (Öl- und Ölfilterwechsel, Abschmieren, Ventilspiel kontrollieren, etc.) und ersetzen den seit Norwegen defekten Luftdrucksensor der Feststellbremse. Dabei entdecken wir interessante Dinge: eine halbierte, mumifizierte Maus vor den Zylindern (wahrscheinlich durch den Lüfter angesogen und halbiert), eine unbenutzte Mutter gut versteckt in der Kurbelgehäuseentlüftung (liegt wohl seit dem Motorenzusammenbau 1985 dort drin, bis anhin unentdeckt). Die grösste Überraschung kommt am Ende der Wartungsarbeiten. Nach dem Wechsel des Dieselfilters verweigert der Motor die Nahrungsaufnahme. Es ist zwar noch genügend Diesel im Tank nur kommt dieser irgendwie nicht bis in den Motor. Andrés Finger stirbt vom manuellen Pumpen an der Vorförderpumpe fast ab. Nachdem alle anderen Ursachen ausgeschlossen wurden, bauen wir unsere Ersatz-Vorförderpumpe ein. Siehe da, der Motor springt sofort an. Das Zerlegen der alten Vorförderpumpe zeigt, dass das Einlassventil verklemmt ist. Bei komplett luftfreiem Dieselsystem funktioniert es trotzdem, aber nach dem Dieselfilterwechsel kann kein Diesel mehr angesogen werden. Dem aufmerksamen Leser dürfte nicht entgangen sein, dass unser Problem mit dem Abgasthermostat noch nicht vollständig behoben ist. Da wir nun Zugang zu einer gut sortierten und ausgestatteten Werkstatt inkl. motiviertem Mechaniker (Danke Papi 😀!) haben, nehmen wir uns auch diesem Teil an. Mit gutem Werkzeug und Messequipment ist es kein Problem, das Spiel auf das korrekte Mass einzustellen. Wer mehr dazu wissen möchte, den verweisen wir gerne auf Andrés ausführlichen Bericht im Allrad-LKW-Forum.

Auch auf dem Bauernhof gibt es immer etwas zu tun. Der Vorplatz vor dem Pferdestall wird erneuert und dafür müssen die alten Pflastersteine raus. Das ist gleich noch kostenloses Krafttraining und gibt einen schönen Muskelkater. Ein weiteres grosses Projekt ist die Instandsetzung des Hühnerstalls. Die bisherigen Hühner machten eine unliebsame Begegnung mit der einheimischen, fleischfressenden Tierwelt. Das soll nicht nochmal vorkommen. Für grösstmöglichen Komfort wird ein «Parkettboden» verlegt, das Dach erneuert, ein Balkon angebaut und die Inneneinrichtung «modernisiert». Damit die neuen Hühner nicht nur ein glückliches sondern auch ein langes Leben haben, erneuern wir die Gitter und kleben einen Aufpasser auf. Damit der Hühnerstall zu den vielen schwedischen Fahrzeugen auf dem Hof passt, bekommt er einen schwedischen Anstrich. Neben schwedischen Fahrzeugen gibt es auch noch ein Schweizer Fahrzeug auf dem Hof. Dabei handelt es sich um ein Zehnder-«Motorrad» von 1928 mit 110 ccm. Das Problem: Das Schwungrad «schweiet» (eiert). Durch eine Operation am offenen Herzen kann das Problem lokalisiert und behoben werden. Die Freude ist beim Besitzer wie auch bei André während der Testfahrt gleichermassen zu sehen.

Neben der Arbeit kommt auch das Vergnügen nicht zu kurz. Wir tauschen für ein paar Tage den Platz auf dem Bauernhof mit dem Campingplatz in Splügen. Kurz nach Chur fällt die Aussentemperatur immer tiefer, bis auf -20°C. Die erste Herausforderung ist das Öffnen des Türschlosses am Wohnkoffer. Dank des Stabfeuerzeuges von der Campingplatzreception ist diese recht schnell behoben. Die zweite, grössere Herausforderung ist, dass die Standheizung den Dienst quittiert. Die Suche nach der Ursache dauert nicht lange, denn am Dieselfilter der Standheizung ist klar zu erkennen, dass der Diesel flockt. Der Diesel ist zähflüssig wie Honig bzw. schon fast «gefroren». Wir nutzen die Nachmittagssonne etwas weiter vorne im Dorf um den Diesel wieder flüssig zu kriegen. Der Lastwagen läuft noch an, da die Hauptleitung grosszügiger dimensioniert ist und dieser Dieselfilter nahe am noch warmen Motor ist. Damit das Problem nicht nochmal auftritt, fügen wir dem Diesel Fliessverbesserer zu. Auf der Flasche steht leider nicht, dass man dies vorher, bei Temperaturen über 5°C, machen sollte. Und so kommt es wie es kommen muss, abends stehen wir wieder vor der gleichen Herausforderung, nur dass jetzt die Sonne nicht mehr scheint. Mit Feuerzeugen und unserem 500W-Heizlüfter bekommen wir die Leitung wieder frei. Damit wir nachts nicht frieren müssen, benutzen wir den Heizlüfter als Durchlauferhitzer und erwärmen die Entnahmeleitung am Dieseltank. Das hat bis -22°C nachts funktioniert. Anmerkung: Den Diesel haben wir in Deutschland Mitte Dezember getankt. Es sollte also eigentlich Winterdiesel sein, welcher nach Angaben der Tankstellenkette bis -22°C funktionieren sollte. Bei uns fingen die Probleme jedoch schon bei ca. -15°C an. Wir wissen nun wahrscheinlich, warum wir an der Tankstelle darauf aufmerksam gemacht wurden, dass zurzeit eine Rabattaktion läuft… Sie hatten wohl zuviel Übergangsdiesel eingekauft und mussten diesen nun noch loswerden.

Das eigentliche Ziel unseres Ausfluges nach Splügen ist es jedoch, Schneesport zu betreiben. Dafür mietet sich André extra eine Langlaufausrüstung im kleinen Sportgeschäft mitten im Dorf. Der Campingplatz liegt direkt an der Loipe und somit können wir gleich beim Magirus loslegen. Die Bedingungen auf der Loipe sind traumhaft, nur die Temperaturen sind etwas tief. Da André eine super Lehrerin hat (Carole gibt jeweils Langlaufkurse beim ASVZ in Zürich), funktioniert das Langlaufen relativ schnell. Es ist erst sein zweiter Tag auf Langlaufskiern. So können wir schon bald eine grössere Runde durch den eingeschneiten Märchenwald drehen. Für eine optimale Regeneration gönnen wir uns einen Saunagang im Fass auf dem Campingplatz inkl. Abkühlung im Schnee.

Zur Magirus-Standardausrüstung gehören auch unsere Schneeschuhe. Diese kommen nun das erste Mal auf unserer Reise zum Einsatz. Entgegen unseren Erwartungen hat es auf dem markierten Schneeschuhtrail noch keine Spuren und wir haben eine super Tour. Der Trail führt von Splügen bis zum Sufnersee. Für den Rückweg nehmen wir den Winterwanderweg vorbei an der Burgruine Splügen.

Wie angekündigt, kommt über Nacht der grosse Schneefall. Trotz oder gerade wegen der weissen Pracht machen wir uns wieder auf den Heimweg Richtung Steinmaur, denn André möchte schon lange mal eine «Schneefahrt» machen. Damit der Magirus und der Fahrer rausschauen können, müssen wir zuerst den Neuschnee wegschaufeln. Zum Glück ist der Parkplatz vor dem Campingplatz noch nicht vom Schnee befreit und so kann André testen, ob der Magirus durch so viel Neuschnee durchkommt. Der San Bernardino-Pass ist eigentlich für LKWs geschlossen, aber mit 4×4 darf man noch auf die Autobahn und so kann es losgehen. Die Autobahn ist tatsächlich durchgehend bis nach Zürich schneebedeckt! In unsere Richtung läuft der Verkehr noch, auf der Gegenfahrbahn aber herrscht der totale Stillstand. Auch in unsere Richtung bleiben zahlreiche LKWs stecken, einer davon auf einem Rastplatz, wo wir Pause machen. Da es auf dem Rastplatz, im Gegensatz zur Autobahn, genügend Platz hat, helfen wir ihm aus der Patsche. Nun können wir endlich mal unser Bergematerial und unser Russisch einsetzen denn der weissrussische Fahrer spricht kaum Englisch. Wir holen als erstes unser Werkzeug raus und schrauben an seinem Lastwagen rum, da er keine Ahnung hat, wo der Abschlepphaken montiert wird. Der erste Versuch nur mit Ziehen ist noch nicht von Erfolg gekrönt. Es handelt sich doch immerhin um einen grossen Sattelschlepper. Mit Schneeschaufeln und einem Sandblech unter der Antriebsachse der Sattelzugmaschine können wir ihn rausziehen. Die Freude beim Fahrer ist gross und es gibt zur Belohnung zwei Packungen weissrussische Kekse. Wir erreichen unser Ziel ohne Zwischenfälle.

Die aufkommenden Coronalockerungen wecken in uns erneut die Reiselust. Doch bevor es weitergeht, darf sich Carole noch einen langersehnten Wunsch erfüllen und einen Ausritt machen. In Polen war dies leider coronabedingt nicht möglich. Am Anfang sind sich Carole und das Pferd noch nicht so ganz einig, welchen Weg man nehmen soll, aber am Schluss klappt es dann schon viel besser. In Schweden haben wir das Holzschnitzen für uns entdeckt und Carole hat sich vorgenommen, Eichhörnchen zu schnitzen. Diese sind für Kolleginnen gedacht, welche ein Kind erwarten. Damit die Eichhörnchen nicht aus dem Ausland verschickt werden müssen, schnitzt Carole diese vor der Abreise noch fertig.

Nun sind alle Punkte auf der Todo-Liste erledigt und wir machen uns auf, diesmal Richtung Süden.

Erkenntnisse

Effiziente LED-Scheinwerfer sind toll, die Abwärme reicht jedoch nicht um den Schnee zu schmelzen.

Das Pferdesolarium funktioniert auch bei André.

Im Januar ist Bananen und Caramel Saison…