Magirus on tour

Wenn schon nicht ans Nordkap dann wenigstens ans Südkap – Norwegen Teil 9

Oktober 2020

Trotz einigem Kopfzerbrechen haben wir nicht herausgefunden, wofür die farbigen Streifen (die Farben sind nicht immer gleich) an den Türen gut sein sollen. Bis wir uns mal getraut haben, eine Verkäuferin zu fragen. Die Antwort wäre eigentlich recht einfach: Falls der Laden überfallen wird, kann man auf den Bildern der Überwachungskamera erkennen, wie gross der Dieb in etwa ist.

Beim nächsten Parkplatz kurz vor dem Tunnel nach Stavanger hat Carole ein schlechtes Gewissen und möchte die Parkgebühr für die Übernachtung bezahlen. Der Parkplatz ist ganz neu und es gibt auch eine Tafel mit Zahlungsinformationen per App. Nach mehreren Versuchen und Flüchen gibt Carole auf und fragt einen Norweger. Es stellt sich heraus, dass die Infotafel noch vom alten Parkplatz ist. Für den Neuen ist noch keine Gebühr fällig (gleiches gilt für den neuen Tunnel nach Stavanger).

In Stavanger möchten wir herausfinden, wo die Lieblingsspeise für den Magirus herkommt. Hier befindet sich einerseits der Hauptsitz der staatlichen Ölfirma «Equinor» und auch das norwegische Erdölmuseum. Das Museum gefällt uns sehr gut! Wir lernen, dass das Öl nicht von Dinosauriern stammt sondern hauptsächlich aus Algen entstanden ist. Unser Magirus ist also quasi Vegetarier 😉. Weiter gibt es viele interessante Modelle zu bestaunen und einige davon können sogar ausprobiert werden, wie zum Beispiel die Evakuierungsleiter für Bohrinseln. Nicht zuletzt wird die Erdölförderung auch kritisch beleuchtet, einerseits was Unfälle betrifft andererseits das bei der Verbrennung freigesetzte CO2. Interessant ist auch, dass der norwegische Staat einerseits die Elektromobilität stark fördert, andererseits aber die norwegische Altersvorsorge aus den Erträgen der Erdölförderung finanziert wird.

Südlich von Stavanger geht der Atlantik über in die Nordsee. Hier beginnt die Nordseestrasse (Nordsjøvegen), welche der Küste entlang an einigen Sehenswürdigkeiten vorbeiführt. Der ganzen Küste entlang gibt es noch viele Überreste von Befestigungsanlagen aus dem zweiten Weltkrieg. Ausserdem gibt es an diesem Küstenabschnitt viele Leuchttürme und andere Signale für Schiffe, da die Navigation bedingt durch viele Buchten, Inseln und Untiefen schwierig ist. Beim Leuchtturm von Eigerøy fyr haben wir Glück und sehen nochmals eine ganze Gruppe Orcas.

Zwischendurch gibt es wieder mal eine Bastelstunde, da sich ein paar Dinge auf unserer Todo-Liste angesammelt haben. Die am meisten benutzte Pfanne des Pfannensets muss ersetzt werden, da die Beschichtung nicht mehr vorhanden ist. Die neu erworbene Pfanne verlangt nach einem Rand, da sonst der abnehmbare Griff nicht hält. Auch bei der Leiter zeigen sich Verschleisserscheinungen an den Gummifüssen. Um unsere Schnitzkünste zu trainieren, ersetzen wir diese kurzerhand mit edlen, aus dem vollen geschnitzten Birkenholzfüssen.

Norwegens Südkap ist zwar weniger bekannt als der nördliche Bruder, soll aber auch sehr sehenswert sein. Da wir schon nicht am Nordkap waren, wollen wir uns wenigstens den südlichsten Punkt Norwegens anschauen. Es ist nicht gerade viel los und so können wir uns den Parkplatz frei aussuchen. Wir besuchen Norwegen’s ältesten Leuchtturm und gleichzeitig der einzige, in welchem noch zwei Leuchtturmwärter angestellt sind. Wir erfahren einiges über die Schifffahrt und Transportrouten, die Entstehung der Leuchtfeuer und das Leben in den Nordseehäfen. Der Leuchtturm kann ebenfalls besichtigt werden. Der Ausblick aufs Meer ist recht spektakulär vor allem wenn man sich vorstellt, dass nicht immer so ruhiges Wetter herrscht.

Nach einem Zwischenstopp im Rema 1000 (für norwegische Verhältnisse günstiger Lebensmittelladen), gehts weiter nach Kristiansand. Wir laden unsere Mountainbikes ab und bezwingen den nahegelegenen Holmenkollen (nein, nicht die Skisprungschanze in Oslo). Dabei stellen wir einmal mehr fest, dass die norwegischen Schwierigkeitsbezeichnungen für Biketrails (auf www.mtbmap.no) nicht den Schweizer Schwierigkeiten entsprechen. Ausserdem sind die Wege nach den Niederschlägen der vergangenen Tage noch sehr nass, deshalb entscheiden wir uns, noch eine Stadtrundfahrt zu machen. Wir fahren raus zur Festung auf Odderøya. Dort stehen noch Überreste aus dem 2. Weltkrieg inklusive anschaulichen Infotafeln. Dort kommen wir was das Biken angeht doch noch auf unsere Kosten. Auf dem Rückweg entdecken wir den Fischmarkt und vor allem Carole kann der Versuchung, reinzuschauen, nicht wiederstehen. Dort gibt es alles zu kaufen, was die norwegischen Salzgewässer bieten. Wir erfahren, dass es norwegische Hummer (Kaisergranat) gibt. Diese sind deutlich kleiner als die uns bekannten amerikanischen und europäischen Hummer und leben in einer Tiefe von bis zu 800 Metern. Wir entscheiden uns aber zum Kauf von kaltgeräuchertem norwegischem Lachs (mega guet 😍) und zwei Krabbenzangen. Die Krabbenzangen sind bereits gekocht, man muss sie «nur» noch öffnen. Ohne Erfahrung und Anleitung gar nicht so einfach.

Wir verspüren allmählich den Drang, etwas Neues zu sehen und beschliessen darum die Fähre von Schweden nach … (erfährt ihr im nächsten Bericht) zu nehmen. Vorher aber möchten wir noch das Marinemuseum in Horten besuchen und die neu erworbene, gebrauchte Drohne abholen. Das Museum in Horten hat nur am Sonntag offen. So kommt es eher ungelegen, dass auf der Fahrt dorthin der Scheibenwischer bei strömendem Regen plötzlich bis an den Scheibenrahmen schlägt und sehr laute, klackende Geräusche von sich gibt. Die nächste Raststätte kommt zum Glück schon bald und der Scheibenwischmotor ist auch relativ schnell ausgebaut. Der Fall ist klar, es gibt eine Madenschraube, mit der das Axialspiel der Rotorwelle des Elektromotors aufgehoben werden kann. Ein kurzer Test nach dem Einbau ergibt jedoch ernüchternde Resultate: Der Scheibenwischer dreht fast nicht mehr und gibt nun kreischende Geräusche von sich, ähnlich wie ein sterbender Schwan. Zurück auf Feld 1 und nochmals ausbauen. Die Welle wurde durch unsere Massnahme ans Gehäuse gedrückt und hat deutliche Spuren hinterlassen. Wir reinigen und schmieren alles und bauen es wieder zusammen. Zu unserem Glück hat der Regen aufgehört und wir ignorieren aufgrund des unüblichen Zeitdrucks den immer noch defekten Scheibenwischer.

Der Eintritt ins Museum ist kostenlos. Das Museum wird von Marineveteranen betrieben und ist durchaus sehenswert. Es gibt sehr viele detailreiche Schiffsmodelle zu bestaunen, sowie technisch interessante Dinge wie aufgeschnittene Torpedos, Wasserminen und U-Boot-Batterien. Für einmal haben wir eine gute Ausrede, die Texte nicht zu lesen, denn die meisten davon gibt es nur auf norwegisch.

Die Übergabe der Drohne klappt reibungslos. In der folgenden Nacht hat André den Geistesblitz und weiss, warum der Scheibenwischer Probleme macht. Nach der erneuten Demontage wird die These von André bestätigt. Schlussendlich war es nur ein Halteblech des Kugellagers, welches sich gelöst hatte. Dadurch war das Lager und somit die Welle nicht mehr axial gesichert. Jetzt läuft der Scheibenwischer sogar ruhiger als je zuvor! Man findet halt immer nur das, wonach man sucht und oft übersieht man das Offensichtliche…

Nun hält uns definitiv nichts mehr und wir machen uns auf den Weg Richtung Fähre.

Erkenntnisse

Finnisch ist eine lustige Sprache…

Neben Japan und Island ist Norwegen der einzige Staat, der kommerziell Walfang betreibt. Es gibt eine strenge Fangquote, welche aber heute nicht mehr ausgeschöpft wird. Die Norweger sehen den Walfang als eine Art Subventionierung des Hohen Nordens, welcher schon seit langem vom Walfang lebt. Etwa so wie bei uns die Landwirtschaft subventioniert wird. Whalewatching ist davon nicht betroffen, da es sich um andere Walarten handelt. Der Geschmack ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber uns hats geschmeckt. Es ist wie eine Mischung aus Fisch und Rindfleisch.

Carole’s Schlaraffenland 😋

Der Brunost ist der einzige Nicht-Schweizer Käse auf unserer bisherigen Reise, welchen wir vermissen werden.

Norwegen ist eindeutig teurer als Schweden, ausser hier (Biltema Cafe).

Fischen mit tiefgefrorenen Crevetten funktioniert ausgezeichnet! Wir mussten aufhören, weil wir sonst zu viel Fisch gehabt hätten.

Norwegen ist uns um Jahre voraus…

Warum haben einige norwegische Autos eine grüne Nummer und andere eine weisse? Die Auflösung gibt es im nächsten Bericht.